Im Fall eines Angestellten der Chemieindustrie stellte das Arbeitsgericht Düsseldorf die Unwirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung fest, die von der Arbeitgeberin mit der Verlagerung der Tätigkeiten ins Ausland begründet wurde (Urteil vom 23.10.2015 – Az 14 Ca 3985/15).

Im Rahmen einer deutschlandweiten Restrukturierung, die verschiedene Gesellschaften der Arbeitgeberin betraf, wurde im Jahr 2015 ein Interessenausgleich geschlossen, wonach unter anderem der Arbeitsplatz des Klägers als Controller nach 24-jähriger Betriebszugehörigkeit wegfallen sollte. Daneben sah der Interessenausgleich einen Abfindungsanspruch des Arbeitnehmers in sechsstelliger Höhe vor. Der Angestellte erhob hieraufhin Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Düsseldorf und machte die Unwirksamkeit der ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung geltend.
Im Kündigungsschutzprozess berief sich die Arbeitgeberin, unter Bezugnahme auf den Interessenausgleich, auf den Wegfall des Arbeitsplatzes des Klägers, da dessen Tätigkeiten auf andere Mitarbeiter verlagert worden seien.
Der Kläger machte mithilfe seiner Rechtsanwälte die Unwirksamkeit der Kündigung geltend. Er begründete dies unter anderem mit weiteren Aufgaben, die er neben seiner Tätigkeit als Controller wahrnahm und von deren Wegfall die Arbeitgeberin das Gericht nicht überzeugen konnte.
Daneben konnten die Anwälte des Klägers Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes aufzeigen. Hierdurch konnte das Gericht davon überzeugt werden, dass selbst bei unterstelltem Wegfall der bisherigen Tätigkeiten des Klägers, die Kündigung wegen anderer Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nicht sozial gerechtfertigt und damit unwirksam ist.
Aufgrund des Urteils nahm der Arbeitnehmer seine Tätigkeit wieder auf, nachdem ihn auch ein erhöhtes Abfindungsangebot nicht davon überzeugte, sein Arbeitsverhältnis aufzugeben.
Die mit Personalabbau aufkommenden Fragen sind angesichts von Umstrukturierungen in Betreiben und Unternehmen von ungebrochener Aktualität. In der Folge ergeben sich sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber weitreichende Möglichkeiten und Verpflichtungen deren wirtschaftliche Folgen erheblich sind.
Arbeitnehmern ist insofern zu empfehlen, sich nach Erhalt einer Änderungs- oder Beendigungskündigung umgehend rechtlich beraten zu lassen, da Rechtsschutz gegen Kündigungen nur innerhalb kurzer Fristen erlangt werden kann.
Für Arbeitgeber empfiehlt sich eine kompetente rechtliche Beratung, da eine beabsichtigte Kündigung aus vielen Gründen unwirksam sein kann. Gerade die betriebsbedingte Kündigung, mit der der Wegfall einer Beschäftigungsmöglichkeit geltend gemacht werden soll, fordert dem rechtlichen Berater einiges ab, wie das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf zeigt.
Bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen sollte daher nicht nur unter dem Aspekt des Kündigungsschutzes ein Rechtsanwalt oder Fachanwalt für Arbeitsrecht herangezogen werden. Haben Sie Fragen? Sprechen Sie uns an per E-Mail: info@borgelt.de oder Telefon: +49.211.5858990.

Arbeitsgericht Düsseldorf Urteil vom 23.10.2015, Az: 14 Ca 3985/15

ARBEITSGERICHT DÜSSELDORF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

In dem Rechtsstreit …

hat die 14. Kammer des Arbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 23.10.2015 durch den Richter am Arbeitsgericht Dr. R. als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter M. und S. für R e c h t erkannt:

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 26.06.2015 aufgelöst wird.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen ab dem 01.02.2016 als M. und S. Deutschland bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiterzubeschäftigen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Kündigung vom 26.06.2015.

Der Kläger, geboren 1960, verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet, steht seit dem 01.01.1991 in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, der A. GmbH. Die vertraglichen Beziehungen der Parteien bestimmen sich nach dem Arbeitsvertrag vom 19.03.2003 (Bl. 12 ff. dA.). Zuletzt wurde der Kläger auch ausweislich seiner Visitenkarte (BI. 71 dA) sowie seiner Aufgabenbeschreibung (Bl. 111 ff. dA.) als M. und S. Deutschland beschäftigt.

Der Kläger war ua. für das Reporting der jedenfalls bis zum 26.06.2015 bestehenden Region West zuständig. Er war Vorgesetzter der Frau W., die als Business Analyst bei der Beklagten beschäftigt ist. Er und Frau W. haben sich gegenseitig vertreten. Im Bereich S. arbeitete der Kläger jedenfalls im sog. Projekt „T“ mit.

Am Standort H. war neben der Beklagten auch die zur A. Gruppe gehörende P. GmbH angesiedelt. Beide Gesellschaften hatten einen eigenen Betriebsrat. Bei der P. GmbH wurde Frau H. beschäftigt, die für das Controlling der Region Nord zuständig war.
Im Rahmen einer deutschlandweiten Restrukturierung (sog. Projekt M.), die verschiedene Gesellschaften der A. Gruppe betraf, wurde unter dem 15.06.2015 ein Interessenausgleich (vgl. Bl. 47 ff. dA.) geschlossen. Danach sollten sechs Arbeitsplätze bei der Beklagten wegfallen, ua. der Arbeitsplatz des Controllers im Bereich Finance. Hintergrund war, dass die bislang im Bereich Finance gebildeten Regionen West und Nord zu einer Region Nord zusammengelegt werden sollten. Das getrennte regionale Reporting sollte entfallen und durch das Controlling der Region Nord mitübernommen werden.

Mit Schreiben vom 18.06.2015 (BI. 62 dA.) hörte die Beklagte ihren Betriebsrat zu der beabsichtigten betriebsbedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu dem Kläger an. Der Betriebsrat widersprach der Kündigungsabsicht mit Schreiben vom 25.06.2015.

Am 29.06.2015 wurde dem Kläger das Schreiben vom 26.06.2015 (Bl. 15 dA.) überreicht, mit dem die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.01.2016 kündigte.

Im August 2015 wurden die zunächst verklagte A. GmbH und die P. GmbH auf die jetzige Beklagte verschmolzen.

Mit seiner am 07.07.2015 bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Klage, der Beklagten am 14.07.2015 zugesellt, wendet sich der Kläger gegen die Kündigung vom 26.06.2015.

Der Kläger trägt vor, seine Arbeitszeit habe sich seit Beginn des Jahres 2015 je zur Hälfte auf Tätigkeiten im Bereich des M. und im Bereich S. verteilt. Nach seiner Freistellung am 26.06.2015 seien seine Aufgaben im Bereich M. auf Frau H. übertragen worden. Im Bereich S. verblieben neben dem Projekt T. noch weitere Aufgaben, wie die Disposition von rund 500 Artikeln aus Produktionsstätten der A. Gruppe, der Einkauf von 500 Artikeln bei Fremdfertigern, die Koordinierung von 5.000 bis 6.000 externen Lagerplätzen beim Unternehmen V., die Bestandsplanung, die Koordination von Speditionsunternehmen für den Warenversand, die Bearbeitung von Reklamationen und die Erstellung des Servicegrades. Zudem bestehe bei der Beklagten ausweislich der maßgeblichen Stellenanzeige eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit als Business Analyst (vgl. Bl. 138 ff. dA). Hierfür sei er auch geeignet, da er sich im Jahr 2003 erfolgreich auf die innerbetriebliche Stellenausschreibung eines Mitarbeiters Vertriebsservice/Geschäftsanalyse vom 12.02.2003 (Bl. 196 dA.) beworben habe.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 26.06.2015 beendet wurde;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn ab dem 01.02.2016 zu den bisherigen Bedingungen als M. und S. Deutschland weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der Beschäftigungsbedarf für den Kläger sei infolge der Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung, wie sie im Interessenausgleich vom 15.06.2015 niedergelegt worden sei, entfallen. Die unternehmerische Entscheidung laute, die Tätigkeit M. entfallen zu lassen. Die Region West, für die der Kläger zuständig gewesen sei, sei mit der Region Nord zusammengelegt worden. Ein getrenntes Reporting finde nicht mehr statt. Das Controlling der neuen Region Nord werde durch Frau H. ausgeführt, die zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs bei der ehemaligen P. GmbH beschäftigt war. Es gebe auch keine separate Planung bzw. kein separates Budget für die Region West mehr. Auf der sog. Cluster-Ebene würde dies durch Frau W. konsolidiert. Frau W. sei auf Werksebene auch für andere Aufgaben des Klägers zuständig. Sie erledige diese ohne Überstunden.

Die Beklagte behauptet weiter, der Kläger habe lediglich 20% seiner Arbeitszeit auf den Bereich S. verwandt. Dies ergebe sich auch aus der diesbezüglichen Aufgabenbeschreibung. Auf Werksebene oder subregionaler Ebene falle kein S. oder sonstige Tätigkeiten im Bereich S. mehr an. Diese würden nun auf europäischer Ebene oder weltweit zentralisiert. Sodann trägt die Beklagte vor, die Aufgaben des Klägers im S. seien entfallen oder würden von anderen Mitarbeitern, wie in der Vergangenheit, miterledigt. Es handele sich um ca. eine Stunde pro Tag. Die Mitarbeiter im S. Team könnten die Aufgaben des Klägers in diesem Bereich ohne Überstunden miterledigen. Seit seiner Freistellung hätten sie sogar Minusstunden angesammelt.

Die von dem Kläger behauptete Weiterbeschäftigungsmöglichkeit als Business Analyst sei zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs nicht vakant gewesen. Der Kläger sei auch kein Business Analyst gewesen und für diese Position nicht qualifiziert. Sie sei auf europäischer Ebene angesiedelt, deshalb deutlich komplexer als das Controlling der Region West und erfordere enorme technische Fähigkeiten. Aufgaben, die diese Fähigkeiten voraussetzten, habe der Kläger immer an sein Team abgegeben.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

1. Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Feststellung, wonach das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 26.06.2015 aufgelöst wurde.

a. Der Unwirksamkeit der Kündigung steht § 7 Satz 1 KSchG nicht entgegen. Der Kläger hat mit der Klage, die am 07.07.2015 bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangen und der Beklagten am 14.07.2015 zugestellt worden ist, die dreiwöchige Klageerhebungsfrist des § 4 Satz 1 KSchG eingehalten.

b. Die ordentliche Kündigung vom 26.06.2015 ist nicht gem. § 1 Abs. 2 KSchG durch dringende betriebliche Erfordernisse sozial gerechtfertigt und daher rechtsunwirksam, § 1 Abs. 1 KSchG.

aa. Dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin entgegenstehen (§ 1 Abs. 2 KSchG), liegen nicht vor.

(1) Grundsätzlich kann ein dringendes betriebliches Erfordernis durch inner- oder außerbetriebliche Ursachen bedingt sein. Zu den innerbetrieblichen Ursachen gehören ua. organisatorische Veränderungen, die zu einem Wegfall von Beschäftigungsbedarf führen. Eine Kündigung ist aus innerbetrieblichen Gründen gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber im Unternehmensbereich zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren innerbetrieblicher Umsetzung das Bedürfnis zur Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt (vgl. BAG 13.02.2008 – 2 AZR 543/06, AP Nr. 175 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; 14.08.2007 – 8 AZR 1043/06, AP Nr. 325 zu § 613a BGB; 17.06.1999 – 2 AZR 522/98, AP Nr. 102 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).

Die zum Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses führende unternehmerische Entscheidung ist nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unvernünftig oder willkürlich ist (vgl. BAG 18.05.2006 – 2 AZR 245/05, AP Nr. 157 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; 22.09.2005 -2 AZR 208/05, AP Nr. 141 zu 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Vom Gericht voll nachzuprüfen ist aber, ob die unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt und durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer entfallen ist. Nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG hat der Arbeitgeber insoweit die tatsächlichen Voraussetzungen zur Annahme eines dringenden betrieblichen Erfordernisses zu beweisen. Das Gericht muss erkennen können, ob im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung, der für die Beurteilung der sozialen Rechtfertigung der Kündigung maßgebend ist, feststeht, dass das Bedürfnis zur Beschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers bis zum Ablauf der Kündigungsfrist entfallen wird (vgl. BAG 13.02.2008 – 2 AZR 543/06 aaO.; 02.06.2005 – 2 AZR 480/04, AP Nr. 75 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl). Dazu hat der Arbeitgeber im Prozess konkret darzulegen und zu beweisen, wann er aus welchen inner- bzw. außerbetrieblichen Gründen welche Unternehmerentscheidung getroffen hat und wie sich diese auf die Beschäftigungslage auswirkt. Eine schlagwortartige Beschreibung des Kündigungssachverhaltes genügt nicht, weil sich der Arbeitnehmer darauf nicht substantiiert einlassen kann (vgl. BAG 20.02.1986 – 2 AZR 212/85, AP Nr. 11 zu § 1 KSchG 1969; LAG Düsseldorf 19.11.2010 – 6 Sa 865/10).

Dieser Überprüfungsmaßstab gilt verschärft, wenn und je eher sich die unternehmerische Entscheidung praktisch auf den Kündigungsentschluss reduziert und beide Entscheidungen ohne nähere Konkretisierung quasi deckungsgleich und nicht voneinander zu unterscheiden sind. Der Arbeitgeber muss dann konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher von dem betroffenen Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zu künftig entfallen. Er muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben auf die zukünftige Arbeitsmenge anhand einer schlüssigen Prognose konkret darstellen und vortragen, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal konkret ohne überobligatorische Leistungen erledigt werden können. Die unternehmerische Entscheidung muss also hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und ihrer Nachhaltigkeit („Dauer“) nachvollziehbar durch Tatsachenvortrag verdeutlicht werden. Im Wege einer abgestuften Darlegungslast wäre es dann Sache des Arbeitnehmers, hierauf zu erwidern, soweit ihm dies, zB. aus seiner bisherigen Arbeit heraus, möglich ist. Dann wäre es wiederum Sache des Arbeitgebers, sich darauf weiter einzulassen und substantiiert darzutun, wie sich die Umsetzung seiner unternehmerischen Entscheidung auf die Beschäftigungsmöglichkeiten auswirkt (BAG 16.12.2010 – 2 AZR 770/09, AP Nr. 186 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung; 06.07.2006 – 2 AZR 442/05, AP Nr. 82 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl; 17.06.1999 – 2 AZR 141/99, AP Nr. 101 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; LAG Düsseldorf 11.05.2012 – 6 Sa 1345/11).

(2) Der dargestellte verschärfte Überprüfungsmaßstab ist auf den vorliegenden Fall anzuwenden, da die behauptete unternehmerische Entscheidung, die Tätigkeit “Controlling Region West” entfallen zu lassen, und die Kündigung des Klägers als des einzigen in dieser Position beschäftigten Arbeitnehmers deckungsgleich und nicht voneinander zu trennen sind. Nach den vorangestellten Grundsätzen, denen sich die Kammer vollumfänglich anschließt, hat die Beklagte nicht schlüssig dargetan, dass der Beschäftigungsbedarf für den Kläger vollständig entfallen ist.

(a) Zunächst behauptet die Beklagte lediglich eine unternehmerische Entscheidung betreffend die Position des Controllers im Bereich Finance. Unterstellt damit ist die Tätigkeit als M. gemeint, wird eine unternehmerische Entscheidung, die zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs als S. Deutschland hätte fuhren können, nicht behauptet. Auch der vorgelegte Interessenausgleich vom 15.06.2015 bezieht sich allein auf den Wegfall der Position eines Controllers. Dass die Tätigkeiten im Bereich S. aufgabenidentisch mit den Tätigkeiten im Bereich Controlling sind, ist weder erkennbar noch vorgetragen. Inwieweit das Arbeitsvolumen des Klägers im Bereich S. daher wirksam auf andere Personen übertragen werden konnte, ist nicht ersichtlich. Die Kündigung ist schon mangels einer diesbezüglichen unternehmerischen Entscheidung bezogen auf einen Teil der Aufgaben des Klägers unwirksam.

(b) Die Beklagte trägt zudem nicht nach Maßgabe der dargestellten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor, inwiefern die bisher von dem Kläger ausgeübten Tätigkeiten, die in welchem zeitlichen Umfang konkret angefallen sind, zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand anfallen, welche Personen konkret welche Aufgaben übernommen haben und wie diese Personen diese Aufgaben zusätzlich zu ihren bisherigen Aufgaben wahrnehmen können, ohne hierdurch überobligatorische Leistungen abrufen zu müssen.

Die bloße Darstellung, welche Aufgaben zukünftig von wem wahrgenommen werden, genügt nicht, um die Reduzierung des Arbeitsvolumens des gekündigten Arbeitnehmers auf null nachzuweisen. Zum einen ist aus der vorgelegten Aufgabenbeschreibung (BI. 111 ff. dA.) nicht erkennbar, welche Aufgaben konkret mit den dortigen englischen Umschreibungen verbunden sind. Die Aufgaben sind nur pauschal beschrieben und lassen nicht erkennen, welche Tätigkeit im Einzelnen mit ihnen verbunden ist. Umschreibungen wie „coordinates and supports, both administratively and with regard to content, the planning and budgeting process” oder „responsible for management operations and results” (vgl. Bl. 150 f. dA.) lassen nicht erkennen, welche konkreten Tätigkeiten des Klägers hiervon erfasst werden. Es ist aber erforderlich genau dies vorzutragen, da nur so überprüft werden kann, welche Aufgaben, die der Kläger vor Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung wahrgenommen hat, nunmehr von welchen anderen Personen wahrgenommen werden.

Es ist auch nicht ersichtlich, welche Zeitanteile auf die einzelnen Tätigkeiten entfielen und inwiefern welche Personen diese Zeitanteile nach der Umsetzung der behaupteten unternehmerischen Entscheidung zusätzlich zu ihren bisherigen Aufgaben übernehmen können. Die bloße Behauptung, wonach bei denjenigen Personen, denen die (zu pauschal wiedergegebenen) Aufgaben und Verantwortlichkeiten übertragen worden seien, keine Überstunden anfielen, ist insoweit kein ausreichender Vortrag. Vorzutragen hat der Arbeitgeber vielmehr eine schlüssige Prognose bezogen auf den Kündigungszeitpunkt, wie sich seine unternehmerischen Entscheidung und deren Umsetzung auf die zukünftige Arbeitsmenge auswirken wird und wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal konkret ohne überobligatorische Leistungen erledigt werden können.

Auch im Bereich S. hat die Beklagte den Wegfall des Beschäftigungsbedarfs nicht ausreichend dargelegt. Hier wurde zunächst vorgetragen, dass die Aufgaben des Klägers zukünftig auf europäischer Ebene wahrgenommen würden. Es wurde aber nicht einlassungsfähig vorgetragen, welche Aufgaben konkret der Kläger ausgeübt hat und von wem welche konkreten Aufgaben zukünftig wahrgenommen werden sollen. Auch hier gilt, dass Aufgabenbeschreibungen wie „S. incl. determination significant KP’s“ oder „Permanent analyze and define the optimal cost production sites“ nicht ausreichend sind, um die Tätigkeiten des Klägers im Einzelnen darzustellen. Zudem wurde auch vorgetragen, dass Aufgaben im Bereich S. bei der Beklagten verbleiben, jedenfalls im Bereich des Projekts „T“. Hier hat der Kläger nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien mitgearbeitet. Der Vortrag, wonach die Aufgaben des Klägers im Bereich S. auf die europäische Ebene übertragen worden seien (Bl. 151 f. dA.), zum anderen aber Aufgaben bei der Beklagten verbleiben, ist daher auch widersprüchlich und auch aus diesem Grund nicht schlüssig.

Auch im Bereich S. gilt zudem, dass nicht ersichtlich ist, welche Zeitanteile auf welche konkreten Tätigkeiten des Klägers entfielen und inwiefern welche Personen diese Zeitanteile nach der Umsetzung der behaupteten unternehmerischen Entscheidung zusätzlich zu ihren bisherigen Aufgaben übernehmen können. Die bloße Behauptung, wonach bei denjenigen Personen, denen die Aufgaben übertragen worden seien, keine Überstunden anfielen, ist auch hier kein ausreichender Vortrag, auch hier trägt die Beklagte keine schlüssige Prognose über den Wegfall des Beschäftigungsbedarfs nach obiger Maßgabe vor.

bb. Der sozialen Rechtfertigung der Kündigung vom 26.06.2015 steht auch entgegen, dass eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit gemäß § 1 Abs. 3 KSchG als „Business Analyst“ besteht.

(1) Für das Fehlen einer anderweitigen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ist gem. § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungslast. Bestreitet der Arbeitnehmer lediglich den Wegfall seines bisherigen Arbeitsplatzes, genügt der Vortrag des Arbeitgebers, wegen der betrieblichen Notwendigkeiten sei eine Weiterbeschäftigung zu den gleichen Bedingungen nicht möglich. Macht der Arbeitnehmer geltend, es sei eine Beschäftigung an anderer Stelle möglich, obliegt es ihm darzulegen, wie er sich seine anderweitige Beschäftigung vorstellt. Erst darauf hin muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine solche Beschäftigung nicht möglich war (BAG 29.08.2013 – 2 AZR 721/12, NZA-RR 2014, 325; 25.10.2012 – 2 AZR 552/11, NZA-RR 2013, 632; 24.05.2012 – 2 AZR 62/11, BAGE 142, 36).

(2) Der Kläger hat mit der Stellenanzeige für die Position eines „Business Analyst“ eine konkrete Weiterbeschäftigungsmöglichkeit benannt. Auf dieser Position kann er weiterbeschäftigt werden.

(a) Der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit steht nicht entgegen, dass es sich um eine Stelle handelt, die unter der Hierarchieebene des Klägers liegt. Eine ordentliche Beendigungskündigung ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgeschlossen, wenn die Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz gegebenenfalls auch zu geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen. Das Angebot einer Weiterbeschäftigung zu geänderten (schlechteren) Bedingungen kann lediglich in Extremfällen unterbleiben (BAG 29.08.2013 – 2 AZR 721/12, aaO.; 05.06.2008 – 2 AZR 107/07, NZA 2008, 1180; 21.04.2005 – 2 AZR 132/04, BAGE 114, 243). Ein solcher liegt hier nicht vor.

(b) Der Beschäftigungsmöglichkeit steht auch nicht entgegen, dass diese zum maßgeblichen Kündigungszeitpunkt (vgl. insoweit BAG 01.03.2007 – 2 AZR 650/05, AP Nr. 164 zu 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung) nicht vakant war. Der diesbezüglichen Behauptung der Beklagten ist der Kläger nicht entgegengetreten. Einem im Kündigungszeitpunkt freien Arbeitsplatz steht aber ein solcher, der bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei wird, gleich (vgl. auch BAG 29.08.2013 – 2 AZR 721/12, aaO.; 01.03.2007 – 2 AZR 650/05, aaO.; 09.09.2010 – 2 AZR 493/09, ZTR 2011, 45). Dass zum Kündigungszeitpunkt nicht voraussehbar war, dass die Position bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei werden würde, hat die Beklagte nicht behauptet.

(c) Der Weiterbeschäftigung steht auch nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer für die behauptete Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht über die hierfür erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügte (vgl. zu diesem Erfordernis: BAG 05.06.2008 – 2 AZR 107/07, aaO.).

Dass der Kläger für diese Position nicht geeignet wäre, hat die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen. Der Vortrag, wonach der Kläger kein Business Analyst gewesen und für diese Position nicht qualifiziert sei, ist nicht ausreichend. Genauso wenig begründen die Behauptungen, die Position sei auf europäischer Ebene angesiedelt und daher deutlich komplexer als das Controlling der Region West sowie dass sie enorme technische Fähigkeiten erfordere, die mangelnden Eignung des Klägers für diese Position. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, welche Fähigkeiten im Einzelnen der Kläger für diese Position nicht besitzen soll. Gegen diese Behauptung spricht, dass sich der Kläger und Frau W. vertreten haben und Frau W. dem Kläger untergeordnet war. Hätte der Kläger keine Kenntnisse über die Aufgaben der als Business Analyst beschäftigten Frau W., könnte er diese nicht vertreten und auch nicht beaufsichtigen. Folglich muss er auch die für diese Stelle erforderlichen Qualifikationen und Fähigkeiten besitzen. Zudem ist die Beklagte seinem Vortrag, wonach er sich erfolgreich auf die Stelle eines Mitarbeiters Vertriebsservice / Geschäftsanalyse vom 12.02.2003 beworben habe, nicht entgegengetreten. Die Aufgaben des Business Analyst bestehen nach der diesbezüglichen Stellenbeschreibung im Wesentlichen in der finanziellen Analyse und der Beschaffung der erforderlichen Daten, der Empfehlung von Budgetanpassungen, der Entwicklung von Finanzberichten und ähnlichem. Die Stellenbeschreibung des Mitarbeiters Vertriebsservice / Geschäftsanalyse beinhaltet zumindest ähnliche Aufgaben. Hier nach werden Produktionsstätten und die Geschäftsentwicklung analysiert, die Produktionsstätten werden gesteuert, es werden eine Budgetplanung oder Monats- und Abschlussarbeiten durchgeführt. Zudem wurden nach dieser Stellenausschreibung hervorragende PC-Kenntnisse vorausgesetzt. Unterstellt, die Beklagte meinte mit fehlenden technischen Fähigkeiten fehlende PC- Kenntnisse, steht auch dies den angeblich fehlenden Qualifikationen und Fähigkeiten des Klägers entgegen.

Ohnehin wäre zu berücksichtigen, dass eine freie Stelle dem Arbeitnehmer auch unter Berücksichtigung einer angemessenen Einarbeitungszeit anzubieten ist, gegebenenfalls ist auch eine zumutbare Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahme durchzuführen (vgl. BAG 29.08.2013 – 2 AZR 721/12, aaO.; 05.06.2008 – 2 AZR 107/07, aaO.). Dass der Arbeitnehmer für eine bestimmte Stelle auch nach einer Einarbeitungszeit, bzw. nach einer zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen nicht geeignet ist, hat der Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen (vgl. BAG 29.08.2013 – 2 AZR 721/12, aaO.; 05.06.2008 – 2 AZR 107/07, aaO.; 01.03.2007 2 AZR 650/05, aaO.). Hierzu hat die Beklagte nicht vorgetragen.

2. Der Kläger hat auch den begehrten Anspruch auf Weiterbeschäftigung als M. Deutschland ab dem 01.02.2016 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits.

a. Der Arbeitnehmer hat nach der Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG (GS) 27.02.1985 – GS 1/84, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits, wenn er in erster Instanz mit seinem Kündigungsschutzantrag obsiegt. Der Anspruch steht dem Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfrist zu (BAG (GS) 27.02.1985 – GS 1/84. aaO.; BAG 09.12.1985 – 2 AZR 190/85, BAGE 50, 319).

b. Die Kammer folgt der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, so dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung als M. und S. Deutschland bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits hat, nachdem der Kündigungsschutzantrag in erster Instanz erfolgreich war. Der Anspruch besteht nach Ablauf der Kündigungsfrist, hier ab dem 01.02.2016.

c. Der begehrten Beschäftigung als M. und S. Deutschland steht nicht entgegen, dass diese Position durch die Beklagte nach der Kündigung des Klägers vermeintlich nicht mehr vorgehalten wird.

aa. Der Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung entfällt, wenn überwiegende Interessen des Arbeitgebers der Weiterbeschäftigung entgegenstehen (BAG (GS) 27.02.1985 – GS 1/84, aaO.). Setzt die vom Arbeitnehmer beanspruchte Weiterbeschäftigung das Vorliegen bestimmter Gegebenheiten voraus, etwa das Vorhandensein eines Betriebs oder einer konkreten Funktion, und sind diese Gegebenheiten dauerhaft entfallen, kann die Weiterbeschäftigung nicht mehr geleistet werden. Sie ist dann iSv. § 275 BGB unmöglich (vgl. BAG 04.09.1985 – 5 AZR 90/84; LAG Düsseldorf 27.04.2011 – 12 Sa 75/11). Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, einen neuen Arbeitsplatz im Betrieb zu schaffen, um dem Weiterbeschäftigungsbegehren eines gekündigten Arbeitnehmers entsprechen zu können (vgl. BAG 11.05.2000 – 2 AZR 54/99, AP BetrVG 1972 § 102 Weiterbeschäftigung Nr. 13). Genauso wenig kann der gekündigte Arbeitnehmer mit dem Weiterbeschäftigungsbegehren verlangen, dass die mitbestimmungsfreie wirtschaftlich-unternehmerische Entscheidung, wonach der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers wegfällt, rückgängig gemacht wird oder dass seine Arbeitsaufgaben von einem anderen Konzernunternehmen auf den Vertragsarbeitgeber zurückübertragen werden, um seinen Beschäftigungsanspruch durchsetzen zu können (LAG Hamm 02.03.2012-10 – Sa 1086/11).

bb. Vorliegend ist der Arbeitgeber nicht gezwungen, eine neue Arbeitsstelle zu schaffen, um den Kläger entsprechend seinem vertraglichen Anspruch zu beschäftigen. Es sind noch Aufgaben des Klägers bei der Beklagten vorhanden. Dies gilt nach der Verschmelzung der ehemaligen A. GmbH und der P. GmbH umso mehr. Aufgrund dieser Verschmelzung ist der Arbeitgeber auch nicht gezwungen, Aufgaben von einem anderen Konzernarbeitgeber auf den Vertragsarbeitgeber zurückzuübertragen. Dem Kläger können durch Ausübung des Direktionsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO Aufgaben im Bereich des Controllings wie auch im Bereich S. zugewiesen werden. Eine etwaige Umverteilung der Arbeiten auf andere Arbeitnehmer könnte und müsste rückgängig gemacht werden (Hess. LAG 30.08.2012 – 14 Sa 683/11).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Dr. Rainer Borgelt, Rechtsanwalt für Unternehmensrecht, Wirtschaftsrecht, Arbeitsrecht, Versicherungsrecht, Zivilrecht

Dr. Rainer Borgelt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht