Aufsichtsratstantiemen Abführung Gewerkschaft

BAG: Weil die Gewerkschaft die Kandidatur eines ihrer Mitglieder zum Aufsichtsrat eingeleitet und unterstützt hat, kann sie verlangen, die daraus bezogenen Tantiemen an die Hans Böckler Stiftung abzuführen.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG Urteil vom 21. Mai 2015 – 8 AZR 956/13) hatte den Fall zu entscheiden, dass der ein Gewerkschaftsfunktionär, bezeichnenderweise Bundesgruppenleiterfachleiter und “Abführungsbeauftragter” von ver.di, nicht  bereit warAufsichtsratstantiemen in sechsstelliger Höhe abzuführen. Diese Tantiemen erhielt der Gewerkschaftsfunktionär aus Aufsichtsratsmandaten, die er in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer von ver.di wahrgenommen hatte und dies arbeitsvertraglich vorgesehen war.

Der Gewerkschaftsfunktionär verteidigte sich mit einer Reihe von Argumenten, insbesondere der Unwirksamkeit dahingehender arbeitsvertraglicher und satzungsgemäßer Verpflichtungen. Ebenso benannte der Gewerkschaftsfunktionär das eine Anzahl von Gewerkschaftsmitgliedern nicht zur Abführung herangezogen werden und berief sich  auf den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Das Bundesarbeitsgericht konnte arbeitsrechtlich keine Zahlungsverpflichtung des Gewerkschaftsfunktionärs erkennen. Es entschied jedoch, dass aufgrund der Mitgliedschaftzu ver.di die Gewerkschafssatzung die Abführungspflichte begründete soweit das Gewerkschaftsmitglied das Aufsichtsratsmandat mit “Unterstützung der Gewerkschaft” erlangen konnte. Wörtlich führte das BAG dazu aus:

“Ob dem Gewerkschaftsmitglied Aufsichtsratsvergütungen zufließen, steht maßgeblich unter dem Einfluss der Gewerkschaft, die die Listen für die Mitbe- stimmungsgremien aufstellt. Daher befasst sich die Satzung der Klägerin insoweit nur mit Ein- künften ihrer Mitglieder, die sie ihnen zuvor selbst ermöglicht hat. (..) . Zudem ist die Abführungsverpflichtung kausal verknüpft mit der ge- werkschaftlichen Unterstützung bei der Bewerbung um ein Aufsichtsratsmandat. Ein Kandidat, der sich dafür entscheidet, mit Unterstützung der Gewerkschaft ein Aufsichtsratsmandat anzu- streben, wird nicht unbillig behandelt, wenn im Gegenzug die Gewerkschaft ihre hierfür aufge- stellten Regeln von ihm beachtet wissen will.”

Ungeachtet des Umstandes, dass sich das Bundesarbeitsgericht in dem Urteil von mehreren Grundsätzen des für Vereinsrecht zuständigen Bundesgerichtshof nicht beirren läßt, wird ein notwendiger Zusammenhang zwischen Aufsichtsratsmandat und Mitgliedschaft hergestellt. Notwendige Voraussetzung für eine Abführungsverpflichtung ist somit die Mitwirkung und Unterstützung von Aufsichtsratskandidaten durch die Gewerkschaft. An einer solchen fehlt es in der Praxis jedoch häufig.

Demgemäß ist zumindest für diejenigen Streitfälle, in denen Aufsichtsratsmitglieder ohne Unterstützung oder sogar in offener Gegenkandidatur zu Gewerkschaftslisten ein Aufsichtsratsmandat erlangt haben eine Abführungspflicht ausgeschlossen.

Den Worlaut der BAG-Entscheidung finden sie nachstehend.

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BAG Urteil vom 21. Mai 2015 – 8 AZR 956/13:

Tenor: Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. Oktober 2013 – 5 Sa 577/13 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Abführung von Aufsichtsratstantiemen durch den Beklagten.Der Beklagte ist Mitglied der Klägerin und war dies auch in der Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 30. Juni 2012. Seit 1. September 1993 war er bei der Gründungsorganisation DAG der Klägerin und sodann auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 24. März 2003 bei der Klägerin beschäftigt, zuletzt als Bundesfachgruppenleiter Zeitarbeit und Tourismus.

In § 9 des Arbeitsvertrags wurde ua. vereinbart: „Soweit in diesem Vertrag keine Sondervereinbarungen getroffen sind, gelten die Bestimmungen der ‚Vereinbarung über die Anstellungsbedingungen für Beschäftigte der DAG‛ bzw. der für die Beschäftigten der ver.di noch zu vereinbarenden Anstellungsbedingungen.“

Die Allgemeinen Arbeitsbedingungen der Beschäftigten (AAB) der Klägerin, eine Gesamtbetriebsvereinbarung, bestimmen in § 2 ua.:

„(2) Voraussetzung für die hauptamtliche Tätigkeit bei ver.di ist die Mitgliedschaft in ver.di.    …

(5) Nebenabreden und Vertragsänderungen bedürfen der Schriftform, ansonsten sind sie unwirksam.“

Nach der Tätigkeitsbeschreibung für den Beklagten gehörte zu seinen Aufgaben ua.:

„Erarbeitung und Kommunikation von Mitbestimmungsfragen auf Konzernebene – ggf. Wahrnehmung eines Aufsichtsratsmandats“

Die Satzung der Klägerin bestimmt in § 10 ua.:

„2.  Das Mitglied ist verpflichtet,     …

d)   Bezüge aus Aufsichtsratsmandaten und sonstigen Mandaten nach § 21 Abs. 2 abzuführen. Das Nähere regelt eine vom Gewerkschaftsrat zu erlassende Richtlinie.“

Die in Bezug genommene „Richtlinie AR-Wahlen“ sieht ua. vor:

„7.  Allgemeine Grundsätze zur Nominierung von Kandidatinnen und Kandidaten

Aufsichtsratsmitglieder dürfen grundsätzlich nicht mehr als zwei Mandate wahrnehmen. Kommen zu einem AR-Mandat auf Konzernebene Mandate aus abhängigen Unternehmen dieses Konzerns hinzu, dürfen es nicht mehr als 3 Mandate sein. Über Ausnahmen wird im Rahmen der Nominierung durch den Bundesvorstand beschlossen.

Die Kandidatur für Aufsichtsräte konkurrierender Unternehmen wird grundsätzlich ausgeschlossen.

Als Kandidat oder Kandidatin kann nur nominiert werden,

–  wer sich verpflichtet, Anteile der AR-Tantiemen entsprechend der Beschlussfassung des DGB-Bundesausschusses und ggfs. ergänzender ver.di-Regelungen an die Hans-Böckler-Stiftung abzuführen,

–  wer seiner Abführungsverpflichtung während der ver.di-Mitgliedschaft und den praktizierten Abführungsregelungen der Gründungsorganisationen nachgekommen ist und

–  wer den satzungsgemäßen Beitrag zahlt.“

Für die Abführung der Aufsichtsratstantiemen an die Hans-Böckler-Stiftung (HBS) und die ver.di GewerkschaftsPolitische Bildung gemeinnützige Gesellschaft mbH (früher: DAG GewerkschaftsPolitische Bildung e. V. – GPB) bestimmt die „Abführungsrichtlinie“ der Klägerin ua. Folgendes:

„Regelung

In Ergänzung der ‚Richtlinie zu Verantwortung und Zusammenarbeit bei der Durchführung von Aufsichtsratswahlen (Richtlinie AR-Wahlen)‘ gilt Folgendes:

1. Die Regelungen des DGB (Beschluss des DGB-Bundesausschusses) zur Abführung von Aufsichtsratstantiemen gelten für ver.di in der jeweiligen Fassung.

2. Sie gelten deshalb für ver.di-Mitglieder unmittelbar. Die Abführung von Teilen der AR-Vergütung gehört zu den Solidaritätspflichten gem. § 10 der Satzung von ver.di.

3. Die Abführungsverpflichtung gilt unabhängig davon, wie ein Aufsichtsratsmandat erlangt wurde, also z.B. über eine von ver.di unterstützte Liste oder aufgrund einer gerichtlichen Bestellung.

4. Ergänzend zur o.g. DGB-Regelung gilt für ver.di-Mitglieder in Aufsichtsräten folgende Regelung:

a) Hauptamtlich bei ver.di Beschäftigte sind verpflichtet, die ab dem 3. Aufsichtsratsmandat erhaltenen Vergütungen vollständig abzuführen. Dabei ist der nach dem DGB-Beschluss abführungsfreie Grundbetrag an die Gewerkschaftspolitische Bildung e. V. abzuführen.

b) Die Ermittlung der davon betroffenen AR-Mandate richtet sich nach der zeitlichen Reihenfolge, in der die Mandate erlangt wurden.

c) Für die Regelung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit dieser Richtlinie wird eine Kommission gebildet. Sie setzt sich zusammen aus

–  drei ehrenamtlichen Mitgliedern, die vom Gewerkschaftsrat benannt werden
– zwei Mitgliedern, die vom Bundesvorstand aus seiner Mitte bestimmt werden.

Diese Kommission ist auch zuständig, wenn die Aufgaben und Zuständigkeiten für Aufsichtsräte gemäß der Richtlinie AR-Wahlen vom Bundesvorstand auf eine Landesbezirksleitung übertragen worden sind.

5. Die abzuführenden Beträge sind – abgesehen von Ziffer 4 a) – zu 80 % an die Hans-Böckler-Stiftung und zu 20 % an die Gewerkschaftspolitische Bildung e. V. abzuführen. Zahlungen an sonstige Empfänger können nicht auf die vom DGB und ergänzend von ver.di festgelegten Zahlungsverpflichtungen angerechnet werden.

6. In einer ver.di-Publikation erfolgt einmal jährlich eine Veröffentlichung – unter Angabe des Namens der Mitglieder und der Unternehmen, deren Aufsichtsräten sie angehören – über die Erfüllung der Abführungsverpflichtung. In die Veröffentlichung werden nur die Mitglieder einbezogen, die hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.

7.Die Kandidatur für Aufsichtsratswahlen oder eine gerichtliche Bestellung gem. § 104 Aktiengesetz wird von der ver.di nur unterstützt, wenn das betroffene Mitglied seiner Zahlungsverpflichtung in der Vergangenheit nachgekommen ist, seinen satzungsgemäßen Mitgliedsbeitrag entrichtet und zuvor folgende Verpflichtungserklärungen unterschrieben hat:

● ‚Ich werde entsprechend den jeweils geltenden Beschlüssen und Richtlinien von ver.di sowie des DGB den vorgesehenen Anteil meiner Aufsichtsratsvergütung abführen bzw. soweit keine Vergütung gezahlt wird, Förderer/Förderin der Hans-Böckler-Stiftung werden.‘

●  ‚Ich nehme zur Kenntnis, dass das für Mitbestimmung zuständige Ressort beim ver.di Bundesvorstand die Höhe meiner abgeführten Beträge bei der Hans-Böckler-Stiftung sowie bei der Gewerkschaftspolitischen Bildung e. V. abfragt und die Tatsache der richtigen Abführung regelmäßig in einer ver.di-Publikation von ver.di bekannt gemacht wird.‘

Jedes ver.di-Mitglied wird vor der Nominierung oder gerichtlichen Bestellung als Aufsichtsratsmitglied eine Erklärung entsprechend dem als Anlage beigefügten Muster zum Einverständnis mit der Einbeziehung in die jährliche Veröffentlichung über die Beachtung der Abführungsverpflichtungen gemäß Ziffer 6 unterzeichnen.“

Der Beklagte war seit 2002 Mitglied des Aufsichtsrats der Gesellschaften T AG und T L GmbH sowie seit 2006 zusätzlich der T Deutschland GmbH. Als Abführungsbeauftragtem der Klägerin für diese drei Unternehmen oblag ihm die Überwachung der Abführungsverpflichtungen der gewerkschaftlich organisierten Aufsichtsratsmitglieder an die Klägerin. Aufgrund eines Altersteilzeitvertrags befand sich der Beklagte ab 1. Juli 2009 bis zum 30. Juni 2012 in der Freistellungsphase der Altersteilzeit. Die Aufsichtsratsmandate nahm er auch in dieser Zeit wahr. Eine Verpflichtungserklärung nach Ziff. 7 Abführungsrichtlinie hat der Beklagte nicht abgegeben. Er teilte der Klägerin seine für die Tätigkeiten in den Aufsichtsräten der genannten Gesellschaften von 2009 bis 2011 erhaltenen Vergütungen nicht mit und führte nur für 2009 15.950,00 Euro an die HBS und die GPB ab. Der Beklagte hat nach der Abführungsrichtlinie in Verbindung mit dem Merkblatt für Mitglieder in Aufsichtsräten, Verwaltungsräten und vergleichbaren Gremien sowie der Regelung des DGB-Bundesausschusses vom 19. Oktober 2005 zur Abführung an die Hans-Böckler-Stiftung Aufsichtsratstantiemen in Höhe eines unstreitig gestellten Gesamtbetrags von 145.161,55 Euro zu wenig abgeführt.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Mandatsausübung in Aufsichtsräten habe nach der Tätigkeitsbeschreibung zu den arbeitsvertraglichen Kernaufgaben des Beklagten und damit zu seiner Haupttätigkeit gehört. Der Beklagte sei sowohl arbeitsvertraglich als auch aufgrund seiner Mitgliedschaft bei der Klägerin zur Abführung des begehrten Teils der Aufsichtsratsvergütungen verpflichtet.

Die Klägerin hat beantragt,

1.den Beklagten zu verurteilen, an die Hans-Böckler-Stiftung 116.129,24 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, an die ver.di GewerkschaftsPolitische Bildung gemeinnützige Gesellschaft mbH 29.032,31 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat seinen Antrag auf Klageabweisung damit begründet, dass die Wahrnehmung von Aufsichtsratsmandaten nicht zu seinen arbeitsvertraglichen Pflichten gehöre und daher auch kein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Abführung eines wesentlichen Teils der Aufsichtsratsvergütungen bestehe. Er habe sich auch nicht vertraglich gebunden und eine Verpflichtungserklärung nicht abgegeben. Mehrere Aufsichtsratsmitglieder würden ebenfalls die Abführungsverpflichtungen nicht beachten, ohne von der Klägerin deswegen belangt zu werden. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hatte vor dem Landesarbeitsgericht keinen Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg. Zwar hat die Klägerin nicht aus dem Arbeitsvertrag, aber vereinsrechtlich einen Abführungsanspruch aus ihrer Satzung in Verbindung mit den aufgrund ihrer Satzung erlassenen Richtlinien gegen den Beklagten.

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Anspruch der Klägerin ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit der Satzung der Klägerin sowie den Richtlinien Aufsichtsratswahlen und Abführungsverpflichtung. Die Wahrnehmung eines Aufsichtsratsmandats habe zu den arbeitsvertraglichen Hauptpflichten des Beklagten gehört. Als Tendenzträger habe er bei der Wahrnehmung des Aufsichtsratsmandats die Tendenz der Klägerin zu beachten gehabt. Zur Tendenz gehöre die Abführungsverpflichtung der erhaltenen Aufsichtsratstantiemen. Dass das Arbeitsverhältnis des Beklagten in dem streitgegenständlichen Zeitraum ein Altersteilzeitverhältnis gewesen sei und der Beklagte sich in der Freizeitphase befunden habe, ändere daran nichts. Außerdem hätten die Parteien eine konkludente Abführungspflicht vereinbart. Durch seine Kandidatur und die Abführung der Tantiemen in den Vorjahren habe der Beklagte für die Klägerin erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass er sich an die Abführungsverpflichtung halten wolle. Dieses konkludente Angebot des Beklagten habe die Klägerin ebenfalls konkludent angenommen, indem sie ihn als Gewerkschaftsvertreter für die Aufsichtsratssitze nominiert habe. Die in § 2 Abs. 5 AAB vereinbarte Schriftform stände dem nicht entgegen, da durch die konkludente Vereinbarung nur bestätigt werde, was ohnehin schon Arbeitsvertragsinhalt sei. Im Übrigen handele es sich um ein abdingbares, nicht konstitutives Schriftformerfordernis. Die Abführungspflicht ergebe sich ebenfalls aus § 667 Alt. 2 BGB. Diese Vorschrift sei im Arbeitsverhältnis entsprechend anzuwenden. Der Beauftragte sollte durch die Geschäftsbesorgung keine Nachteile erleiden, daraus aber auch keine eigenen Vorteile ziehen dürfen. Daher sei der Beklagte zur Ablieferung der Aufsichtstantiemen verpflichtet. Schließlich ergebe sich der Anspruch auch unmittelbar aus der Satzung der Klägerin. In der satzungsgemäßen Abführungsverpflichtung liege keine unzulässige Gegnerfinanzierung, da der Beklagte in der Verwendung der von mitbestimmten Unternehmen erhaltenen Vergütung frei sei. Die Klägerin verletze nicht den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn sie, wie vom Beklagten behauptet, andere Aufsichtsratsmitglieder nicht zur Abführung von Tantiemen heranzöge. Eine etwaige Ungleichbehandlung finde ihren Sachgrund in der Tatsache, dass der Beklagte anders als die von ihm benannten Aufsichtsratsmitglieder gerade als Gewerkschaftsvertreter agiert habe, der die Satzungs- und Richtlinienbestimmungen auch im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Tätigkeit zu beachten gehabt habe und zudem als Abführungsbeauftragter für sie tätig gewesen sei.

B. Diese Begründung hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

I. Die Revision ist zulässig. Sie ist gemäß § 72 Abs. 1 ArbGG statthaft, nachdem sie durch Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 31. Oktober 2013 zugelassen worden ist. Die Revision rügt die Verletzung materiellen Rechts und genügt den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO, § 72 Abs. 5 ArbGG.

II. Ein Anspruch der Klägerin auf Abführung der Aufsichtsratsvergütung ergibt sich nicht aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag.

1. Die Abführung von Teilen erhaltener Aufsichtsratsbezüge ist keine Hauptleistungspflicht des Beklagten.

a) Die im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Vergütungspflicht der Klägerin stehende Hauptleistungspflicht des Beklagten als ihrem Arbeitnehmer ist die Arbeitspflicht. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Wahrnehmung von Aufsichtsratsmandaten durch den Beklagten als Hauptleistungspflicht vereinbart wurde. In der Stellenbeschreibung für den Arbeitsplatz des Beklagten wurde von der Klägerin nur vorgesehen, dass „gegebenenfalls die Wahrnehmung von Aufsichtsratsmandaten“ Teil des Arbeitsinhalts ist. Es kann jedoch dahinstehen, ob der Beklagte dadurch verpflichtet war, ein Aufsichtsratsmandat „zu übernehmen“, dh. sich der Wahl durch Delegierte zu stellen, § 7 Abs. 2 iVm. § 16 MitbestG. Jedenfalls unterliegt die Ausübung eines solchen Wahlmandats nicht dem Weisungsrecht der Klägerin, wie sie es für die Ausführung einer Arbeitsleistung hätte. Nach §§ 116, 93 Abs. 1 AktG sind Aufsichtsräte dem Wohl der Gesellschaft verpflichtet. Über die allgemeine Beachtung der gewerkschaftlichen Tendenz hinaus unterliegen sie nicht einem Weisungsrecht der Gewerkschaft, wenn diese zugleich ihre Arbeitgeberin ist. Ebenso wenig kann die Klägerin als Arbeitgeberin dem Beklagten verbieten, sein Amt auszuüben oder ihn zwingen, sein Amt niederzulegen. Gewählte Aufsichtsräte können nur unter den Voraussetzungen des § 23 MitbestG abberufen werden, wobei die Gewerkschaft nicht stimmberechtigt ist. Da die Gewerkschaft ab dem Moment der Wahl in den Aufsichtsrat weder die Amtsführung noch die Amtsdauer des Aufsichtsratsmitglieds direkt beeinflussen kann, verbietet sich die Annahme, die Wahrnehmung des Mandats stelle eine Hauptleistungspflicht aus dem Arbeitsverhältnis dar. Zudem folgte selbst bei Annahme einer Pflicht aus dem Arbeitsvertrag, sich der Wahl in einen Aufsichtsrat zu stellen, nicht die davon zu unterscheidende Pflicht, die als Aufsichtsratsmitglied erhaltenen Tantiemen abzuführen.

b) Zudem besteht in der Freistellungsphase des so genannten „Blockmodells“ in der Altersteilzeit die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers als seiner Hauptleistungspflicht nicht, § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AltTZG.

2. Die Abführung von Teilen erhaltener Aufsichtsratsbezüge ist auch keine Nebenpflicht des Beklagten aus seinem Arbeitsvertrag.

a) Ausdrücklich vereinbart als arbeitsvertragliche Nebenpflicht wurde die Abführungspflicht nicht.

b) Die Abführung erhaltener Vergütung für geleistete Aufsichtsratstätigkeit ist auch keine dem Arbeitsvertrag immanente Nebenpflicht.

aa) Jedem Schuldverhältnis sind aus § 241 Abs. 2, § 242 BGB herzuleitende Pflichten der Vertragspartner auf Rücksichtnahme, Schutz und Förderung des Vertragszwecks immanent. Nebenpflichten stehen nicht in freiem Raum mit beliebigem Inhalt, sondern dienen dazu, die Erbringung der Hauptleistung vorzubereiten und zu fördern, die Leistungsmöglichkeit zu erhalten und den Leistungserfolg zu sichern (ErfK/Preis 15. Aufl. § 611 BGB Rn. 707, 708 mwN).

bb) Das Aufsichtsratsmitglied erhält seine Vergütung jedoch vom mitbestimmten Unternehmen. Sie fließt ihm zu und ist die Gegenleistung des mitbestimmten Unternehmens für die Aufsichtsratstätigkeit. Das Aufsichtsratsmitglied erhält seine Tantiemen also mit Rechtsgrund und auf eine Weise, die nicht von der Rechtsordnung missbilligt wird. Dagegen dient die Abführung solcher Vergütungen weder dem Erfolg einer Hauptleistungspflicht noch erhöht oder erhält sie den Leistungserfolg der vom Beklagten geschuldeten Tätigkeit.

3. Die Abführungspflicht ist auch nicht konkludent als arbeitsvertragliche Nebenpflicht vereinbart worden. Dem steht bereits das für Nebenabreden geltende Schriftformerfordernis entgegen.

a) In § 10 Satz 2 und Satz 3 des Arbeitsvertrags haben die Parteien vereinbart, dass keine Nebenabreden bestehen und Änderungen des Vertrags der Schriftform bedürfen. Diese arbeitsvertragliche Klausel konnte abbedungen werden. Es besteht Einigkeit darüber, dass vertragliche einfache Schriftformklauseln konkludent abbedungen werden können. Es kommt nicht darauf an, ob die Parteien bei einer mündlichen oder konkludenten Vereinbarung an die Schriftformklausel gedacht haben. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Parteien das Vereinbarte übereinstimmend gewollt haben (vgl. ErfK/Preis § 127 BGB Rn. 41 mwN).

b) Vorliegend galt jedoch für das Arbeitsverhältnis das weitere Schriftformerfordernis des § 2 Abs. 5 der Allgemeinen Arbeitsbedingungen der Beschäftigten der Klägerin. Bei den AAB handelt es sich um eine Gesamtbetriebsvereinbarung, die nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG unmittelbar und zwingend auf das Arbeitsverhältnis der Parteien einwirkte. Zwingend bedeutet, dass durch arbeitsvertragliche Vereinbarungen ohne Beteiligung des Betriebsrats keine abweichenden Regelungen getroffen werden können (vgl. BAG 12. Oktober 2011 – 10 AZR 649/10 – Rn. 42, 43, BAGE 139, 296). Arbeitgeber und Arbeitnehmer können nicht selbständig das in der Gesamtbetriebsvereinbarung konstituierte Schriftformerfordernis abbedingen, da nur der Betriebsrat auf Rechte aus der Betriebsvereinbarung verzichten kann, soweit die Betriebsvereinbarung keine Öffnungsklausel für Individualabreden enthält (vgl. Fitting BetrVG 27. Aufl. § 77 Rn. 126; HWGNRH/Worzalla BetrVG 9. Aufl. § 77 Rn. 181). Aus dem Günstigkeitsprinzip, § 77 Abs. 3 BetrVG, folgt nichts anderes, denn die Abdingbarkeit der Schriftform ist für den Beklagten nicht günstiger.

4. Ein Anspruch auf Abführung der Aufsichtsratsvergütung ergibt sich auch nicht aus § 667 Alt. 2 BGB in entsprechender Anwendung.

a) Nach ständiger Rechtsprechung enthalten die auftragsrechtlichen Bestimmungen allgemeine Grundsätze, die auch für Arbeitsverhältnisse gelten. § 667 BGB ist auf Arbeitsverhältnisse entsprechend anzuwenden, obwohl Arbeitnehmer nicht iSv. § 662 BGB unentgeltlich tätig werden (BAG 21. August 2014 – 8 AZR 655/13 – Rn. 36; 14. Dezember 2011 – 10 AZR 283/10 – Rn. 17; 11. April 2006 – 9 AZR 500/05 – Rn. 21, BAGE 118, 16; vgl. entsprechend zum Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB: BAG 14. Oktober 2003 – 9 AZR 657/02 – zu IV 1 der Gründe; 12. April 2011 – 9 AZR 14/10 – Rn. 25). Der Beauftragte soll durch die Geschäftsbesorgung keinen Nachteil erleiden, aus ihr aber auch regelmäßig neben der vereinbarten Arbeitsvergütung keine weiteren materiellen Vorteile ziehen (BAG 11. April 2006 – 9 AZR 500/05 – aaO). Es besteht die Verpflichtung des beauftragten Arbeitnehmers, der Arbeitgeberin als Auftraggeberin alles, was aus der Geschäftsbesorgung erlangt wurde, herauszugeben oder jedenfalls zu ersetzen.

b) Diese Grundsätze zur Anwendung von § 667 BGB im Arbeitsverhältnis tragen vorliegend schon deswegen nicht, da der Beklagte die Vergütung für seine Aufsichtsratstätigkeit nicht in Ausübung seiner vertraglich geschuldeten Tätigkeit für die Klägerin erhielt. Zudem ist die Wahrnehmung eines Aufsichtsratsmandats kein übertragenes Geschäft, das ein Auftragnehmer für einen Auftraggeber durchführen könnte. Das Aufsichtsratsmitglied wird in einem Wahlverfahren persönlich gewählt. Es ist nach §§ 116, 93 Abs. 1 AktG dem Wohl der Gesellschaft verpflichtet, handelt eigenverantwortlich und haftet bei Fehlverhalten persönlich. Das schließt ein daneben bestehendes „Auftragsverhältnis“ zur vorschlagenden Gewerkschaft aus.

III. Jedoch hat die Klägerin einen der Höhe nach unstreitigen Zahlungsanspruch gegen den Beklagten aus § 10 Nr. 2 Buchst. d ihrer Satzung in Verbindung mit den aufgrund der Satzung erlassenen Richtlinien „Abführungsverpflichtung“ und „Aufsichtsratswahlen“.

1. Die Verpflichtung, Bezüge aus Aufsichtsratsmandaten abzuführen, ist in der Satzung der Klägerin in § 10 Nr. 2 Buchst. d geregelt. Kraft Satzungsautonomie kann die Klägerin auch Zahlungspflichten ihrer Mitglieder regeln.

a) Gemäß § 25 BGB wird die Verfassung des Vereins, soweit nicht durch die §§ 26 ff. BGB abschließend geregelt, durch die Vereinssatzung bestimmt, die sich der Verein selbst gibt. Die Satzung ist ein von den Vereinsgründern geschlossener Vertrag. Sobald der Verein „ins Leben tritt“, gilt die Satzung jedoch nicht mehr als Vertrag, sondern als Verfassung des Vereins, der sich die Mitglieder des Vereins unterworfen haben und die für sie kraft Inkorporationsrecht gilt (BGH 6. März 1967 – II ZR 231/64 – zu II 3 b der Gründe, BGHZ 47, 172).

Der Schutz der durch Art. 9 GG gewährleisteten und in den §§ 25 ff. BGB konkretisierten Vereinsautonomie gilt auch für die nicht rechtsfähigen Gewerkschaften. Obwohl nach dem Wortlaut des § 54 BGB die Vorschriften des Gesellschaftsrechts Anwendung fänden, ist auf die Klägerin als nicht rechtsfähigem Verein ausschließlich Vereinsrecht anzuwenden, mit Ausnahme der Vorschriften, die explizit die Rechtsfähigkeit voraussetzen (st. Rspr. seit BGH 11. Juli 1968 – VII ZR 63/66 – BGHZ 50, 325).

b) Die Einzelheiten der Abführungsverpflichtung mussten nicht in der Satzung selbst, sondern konnten durch Richtlinien der Klägerin bestimmt werden.

aa) Die Satzung eines rechtsfähigen Vereins muss sämtliche das Vereinsleben bestimmenden Leitprinzipien und Grundsatzregelungen, soweit sie nicht gesetzlich festgelegt sind, enthalten (BGH 25. Oktober 1983 – KZR 27/82 – zu II 1 der Gründe mwN, BGHZ 88, 314). Davon abgesehen kann in der Satzung vorgesehen werden, dass weitere Ordnungen und Richtlinien zur Konkretisierung der Satzung geschaffen werden können und dass die Setzung dieser Richtlinien auf den Vorstand übertragen werden kann. Voraussetzung ist, dass die Satzung eine eindeutige Rechtgrundlage für den Erlass der weiteren Bestimmungen bietet und das einzuhaltende Verfahren ordnet (vgl. Palandt/Ellenberger 74. Aufl. § 25 Rn. 6 mwN).

bb) Es kann dahinstehen, ob die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Umlagenerhebung von Mitgliedern eines eingetragenen Vereins auf die Abführungsverpflichtung von Aufsichtsratstantiemen zu übertragen ist (bejahend Thüsing/Forst FS Friedrich Graf von Westphalen 2010 S. 693 ff.). Der Bundesgerichtshof verlangt im Grundsatz, dass die Erhebung von Umlagen durch die Satzung nicht nur dem Grunde, sondern auch zumindest in Gestalt der Angabe einer Obergrenze der Höhe nach bestimmt sein muss. Nur wenn die Umlageerhebung für den Fortbestand des Vereins unabweichbar notwendig und dem einzelnen Mitglied unter Berücksichtigung seiner schutzwürdigen Belange zumutbar sei, könne eine einmalige Umlage auch ohne satzungsmäßige Festlegung einer Obergrenze wirksam beschlossen werden (BGH 24. Oktober 1988 – II ZR 311/87 – zu I 3 der Gründe, BGHZ 105, 306; 24. September 2007 – II ZR 91/06 – Rn. 11 ff.; 2. Juni 2008 – II ZR 289/07 – Rn. 21). Zwar muss auch das Gewerkschaftsmitglied vorhersehen können, worauf es sich bei seinem Eintritt in die Gewerkschaft in finanzieller Hinsicht maximal einlässt, jedoch befasst sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit Fallkonstellationen, in denen eine Zahlungspflicht an den Verein ohne vorherige vereinsbezogene Einnahmen des Mitglieds statuiert werden sollte. Dagegen sieht die Satzungsverpflichtung der Klägerin in § 10 Nr. 2 Buchst. d lediglich vor, dass abgeführt werden muss, was zuvor eingenommen wurde und dies auch im Sinn einer Obergrenze. Zudem knüpft die Abführungspflicht auch nicht an den bloßen Zahlungsanspruch an, den das Aufsichtsratsmitglied gegen das Unternehmen hat, sondern stellt auf den tatsächlichen Zufluss der Vergütung („Bezüge“) ab. Maximal müssen die aus der Aufsichtsratstätigkeit vereinnahmten Bezüge abgeführt werden. Im Umkehrschluss bestätigt dies das Merkblatt der Klägerin für Mitglieder in Aufsichtsräten, Verwaltungsräten und vergleichbaren Gremien. Nach dessen Ziff. 3 „sollen“ Aufsichtsräte, die keine Vergütung für ihre Tätigkeit erhalten, mit einem Mindestbeitrag von 50,00 Euro Fördermitglied der HBS werden. Dagegen „müssen“ sie Tantiemen abführen.

cc) Die Pflicht zur Abführung der Vergütung ist aus sich heraus verständlich und wirksam. Einer zusätzlichen Verpflichtungserklärung/Einverständniserklärung des Beklagten bedurfte es nicht.

(1) Nach Ziff. 7 der Richtlinie „Aufsichtsratswahlen“ ist vorgesehen, dass die Mitglieder, die für einen Aufsichtsrat kandidieren, sich verpflichten, ihre künftigen Aufsichtsratsbezüge in der von der Klägerin festgelegten Höhe abzuführen. Eine solche Erklärung hat der Beklagte nicht unterschrieben.

(2) Auf eine solche Verpflichtungserklärung kommt es jedoch nicht an, weil die Abführungspflicht bereits durch die Satzung geregelt ist und eine derartige Erklärung nur eine deklaratorische Bekräftigung darstellt (vgl. LG Stuttgart 27. Juli 2007 – 26 O 543/06 – zu II 3 a der Gründe). Der Gegenauffassung (LG München I 17. März 2005 – 6 O 19204/04 -), mit dem Beitritt zur Gewerkschaft würde das Mitglied über seine allgemeinen Beitragspflichten hinaus der Gewerkschaft nicht erlauben, über sein Vermögen zu verfügen, weswegen es einer konstitutiven Verpflichtungserklärung bedürfe, ist nicht zu folgen. Es entspricht der Vereinsautonomie, jedenfalls aber der Freiheit der gewerkschaftlichen Betätigung, die durch Art. 9 GG besonders geschützt ist, dass die Klägerin als Gewerkschaft solche Verpflichtungen in ihrer Satzung regeln kann. Eine Gewerkschaft ist kein Verein wie jeder andere, sondern eine vom Solidargedanken geprägte Interessenvertretung. Allein dies rechtfertigt auch die satzungsgemäße Finanzierung gewerkschaftsnaher Institute durch die Abführungsverpflichtung. Die Gewerkschaft „verfügt“ durch Satzungsbestimmungen zur Abführungspflicht auch nicht über das Vermögen ihrer Mitglieder. Sie schafft lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch. Zudem steht die Abführungspflicht unter der Bedingung des Zuflusses von Einkünften aus Aufsichtsratstätigkeiten. Nur was zufließt, muss größtenteils abgeführt werden. Ob dem Gewerkschaftsmitglied Aufsichtsratsvergütungen zufließen, steht maßgeblich unter dem Einfluss der Gewerkschaft, die die Listen für die Mitbestimmungsgremien aufstellt. Daher befasst sich die Satzung der Klägerin insoweit nur mit Einkünften ihrer Mitglieder, die sie ihnen zuvor selbst ermöglicht hat. Eine konstitutive Verpflichtungserklärung neben der Satzung ist nicht nötig, um die Pflicht zur Abführung zu begründen.

dd) Dass eine Zahlung nicht zugunsten der Klägerin, sondern zugunsten Dritter begehrt wird, begegnet keinen Bedenken. Unternehmensmitbestimmung ist eine wirtschafts- bzw. gesellschaftspolitische Aufgabe, die über die „normale“ Arbeitnehmer-Arbeitgeberbeziehung hinausgeht. Die Gewerkschaften nehmen aufgrund § 16 MitbestG diese Aufgabe wahr und werden in den Aufsichtsräten durch ihre Mitglieder repräsentiert. Daher ist die Verwendung der abgeführten Vergütung für Zwecke zulässig, die der Gewerkschaftslandschaft allgemein zugutekommen. Das ist für den Beklagten nicht überraschend, da in der Richtlinie „Abführungsverpflichtung“ in Ziff. 5 festgelegt wurde, wie die abgeführten Beträge zu verwenden sind.

ee) Anzeichen dafür, dass die Klägerin durch die Festlegung der Abführungsverpflichtung in ihrer Satzung die grundgesetzlich geschützte Vereinsautonomie überdehnt hätte und die Satzungsbestimmung einer allgemeinen Billigkeitskontrolle nach §§ 242, 315 BGB nicht stand hielte, sind dem Vorbringen des Beklagten und dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. Die Vereinsautonomie ist grundgesetzlich geschützt und durch die §§ 25 ff. BGB ausgestaltet. Eine Inhaltskontrolle ist nur in engen Grenzen möglich. Dafür, dass die Satzung einer vollen Inhaltskontrolle nach §§ 242, 315 BGB unterliegt, gibt es keine Anhaltspunkte. Weder hat die Klägerin im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich eine überragende Machtstellung inne noch ist das Mitglied auf die Mitgliedschaft bei der Klägerin angewiesen (vgl. BGH 24. Oktober 1988 – II ZR 311/87 – zu I 3 a der Gründe, BGHZ 105, 306; 28. November 1994 – II ZR 11/94 – zu I 3 a der Gründe, BGHZ 128, 93). Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Klägerin mit ihren Mitgliedern im Fachbereich 13 „Besondere Dienstleistungen“ oder in der dazugehörigen „Fachgruppe Touristik, Freizeit, Wohlbefinden“ auch nur eine Mehrheit der Beschäftigten in den damit erfassten Branchen organisierte, geschweige denn, dass die Beschäftigten auf eine Mitgliedschaft bei der Klägerin angewiesen wären. Zudem ist die Abführungsverpflichtung kausal verknüpft mit der gewerkschaftlichen Unterstützung bei der Bewerbung um ein Aufsichtsratsmandat. Ein Kandidat, der sich dafür entscheidet, mit Unterstützung der Gewerkschaft ein Aufsichtsratsmandat anzustreben, wird nicht unbillig behandelt, wenn im Gegenzug die Gewerkschaft ihre hierfür aufgestellten Regeln von ihm beachtet wissen will.

2. Die Abführungsverpflichtung verstößt nicht gegen § 113 AktG. Danach „kann“ Aufsichtsratsmitgliedern für ihre Tätigkeit eine Vergütung gewährt werden. Sie kann in der Satzung des Unternehmens festgesetzt oder von der Hauptversammlung bewilligt werden. Sie „soll“ in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben der Aufsichtsratsmitglieder und zur Lage der Gesellschaft stehen.

§ 113 AktG betrifft das Verhältnis von mitbestimmter Aktiengesellschaft und ihren Aufsichtsratsmitgliedern. In der Verwendung der Vergütung ist das Aufsichtsratsmitglied frei. Daher kann es auch Zahlungspflichten hinsichtlich der vom Unternehmen bezogenen Vergütung für die Aufsichtsratstätigkeit eingehen. Die Frage der „angemessenen Vergütung“ stellt sich nur im Verhältnis zwischen mitbestimmtem Unternehmen und Aufsichtsratsmitglied. Dieses wird durch die Abführungsverpflichtung nicht berührt. Es ist nicht ersichtlich, dass aufgrund der Abführungspflicht das Aufsichtsratsmandat nicht mehr ordnungsgemäß wahrgenommen werden kann. Weder gibt es einen allgemeinen Erfahrungssatz noch ist vom Beklagten vorgetragen worden, dass die ordnungsgemäße Wahrnehmung des Aufsichtsratsmandats davon abhängt, dass überhaupt eine Vergütung gezahlt wird, wie hoch diese sein muss und wieviel von dieser Vergütung das Aufsichtsratsmitglied für eigene Zwecke verwenden können muss und nicht an Dritte weitergeben braucht. Entscheidend ist, dass das Aufsichtsratsmitglied nach Erhalt der Vergütung iSv. § 113 AktG über sie verfügen kann und es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Abführungsverpflichtung eine „Professionalisierung der Aufsichtsratstätigkeit“ verhindert (vgl. OLG Frankfurt am Main 22. August 2001 – 23 U 177/00 – zu II der Gründe; aA Thüsing/Forst FS Friedrich Graf von Westphalen 2010 S. 708 f.).

3. Die Satzungsbestimmung der Klägerin verstößt nicht gegen den Grundsatz, dass kein Verband zur Finanzierung des gegnerischen Verbands verpflichtet werden kann (BAG 30. März 1994 – 7 ABR 45/93 – zu B II 1 der Gründe mwN, BAGE 76, 214). Eine direkte Gegnerfinanzierung – sei es durch Zahlung an die Gewerkschaft, sei es durch Zahlung an ein von der Gewerkschaft beherrschtes Drittunternehmen – wird von dem mitbestimmten Unternehmen nicht verlangt. Da die vom Unternehmen gezahlte Vergütung dem Beklagten zufließt und Bestandteil seines Vermögens wird, käme allenfalls eine mittelbare Gegnerfinanzierung unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass aufgrund der Abführungsverpflichtung der Beklagte einen Großteil der Vergütung an die von der Klägerin benannten Gewerkschaftsinstitute weiterzuleiten hat. Dies unterscheidet sich im Grundsatz nicht von der Finanzierung der Gewerkschaften durch Mitgliedsbeiträge. Die Mitglieder der Klägerin sind kraft Satzung verpflichtet, 1 % ihres vom Arbeitgeber bezogenen Bruttolohns an die Gewerkschaft weiterzuleiten. Das Recht der Gewerkschaften und damit auch der Klägerin, sich dergestalt durch Mitgliedsbeiträge, die „mittelbar“ ein Teil des Lohnes sind, zu finanzieren, ist unbestritten (vgl. Hanau Die Verpflichtung zur Abführung von Aufsichtsratsvergütung an die Hans-Böckler-Stiftung 2012 S. 22). Zudem gehört die Förderung der Unternehmensmitbestimmung und die Qualifizierung der Mitbestimmungsträger zu den satzungsgemäßen Aufgaben der HBS und der GPB, an welche die Aufsichtsratstantieme abzuführen sind. Die teilweise Verwendung von Aufsichtsratsvergütungen für solche Zwecke kommt dem die Tantieme zahlenden Unternehmen mittelbar wieder zugute.

4. Schließlich verstößt im Falle des Beklagten die Einforderung der abzuführenden Aufsichtsratsvergütung durch die Klägerin nicht gegen den vereinsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

a) Vereine sind zur gleichmäßigen Behandlung ihrer Mitglieder verpflichtet. Die Verpflichtung dazu folgt aus der Mitgliedschaft, insbesondere aus der Treuepflicht, die der Vereinigung gegenüber ihren Mitgliedern obliegt (BGH 11. Juli 1960 – II ZR 24/58 – zu II 2 der Gründe). Gleichbehandlung muss insbesondere bei den finanziellen Verpflichtungen gelten, die der Verein seinen Mitgliedern auferlegt: Der im Vereinsrecht geltende Grundsatz der Gleichbehandlung aller Vereinsmitglieder, durch den die Organisationsgewalt des Vereins eine allgemeine Beschränkung erfährt, gewinnt besondere Bedeutung bei der Erhebung der Mitgliedsbeiträge (BGH 19. Juli 2010 – II ZR 23/09 – Rn. 17 mwN).

Da der Bundesgerichtshof Beiträge der Mitglieder, die über den regelmäßigen Vereinsbeitrag hinausgehen, an strengeren Kriterien misst als den regulären Beitrag (BGH 19. Juli 2010 – II ZR 23/09 – Rn. 14 mwN), muss der Gleichbehandlungsgrundsatz erst recht bei solchen Sonderbeiträgen gewahrt sein. Gleichbehandlung ist dabei als relative Gleichbehandlung aufzufassen, dh. bei gleichen Voraussetzungen hat jedes Mitglied Anspruch auf die Gewährung gleicher Rechte und Auferlegung gleicher Pflichten. Differenzierungen in der Behandlung von Vereinsmitgliedern bedürfen eines sachlichen Grundes.

b) Es kann dahinstehen, ob die Klägerin, wie der Beklagte behauptet hat, von einigen anderen Aufsichtsratsmitgliedern deren nicht abgeführte Tantiemen nicht einfordert. Unstreitig handelt es sich nämlich bei diesen Mandatsträgern um einfache Gewerkschaftsmitglieder, nicht um hauptamtliche Funktionäre wie den Beklagten. Auch vereinsrechtlich darf die Klägerin differenzieren zwischen einfachen Mitgliedern und Mitgliedern, die sie hauptberuflich als Tendenzträger beschäftigt. Beim Beklagten kommt noch hinzu, dass er der „Abführungsbeauftragte“ der Klägerin war, also für die Aufsichtsräte, in denen er ein Mandat wahrnahm, dafür zu sorgen hatte, dass die von der Klägerin vorgeschlagenen Aufsichtsratsmitglieder ihre Abführungspflichten erfüllten.

Als hauptamtlicher Gewerkschaftsfunktionär war der Beklagte Tendenzträger, da die Bestimmungen und Zwecke der Klägerin als Gewerkschaft für seine Tätigkeit inhaltlich prägend sind (vgl. § 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Als Bundesfachgruppenleiter nahm der Beklagte zudem auf die koalitionspolitische Tendenzverwirklichung der Klägerin Einfluss. Als Tendenzträger darf der Beklagte die Satzung der Klägerin nicht verletzen und muss sich für die Gründe der Klägerin zur weitgehenden Abführungspflicht besonders einsetzen. Die Klägerin will mit dieser Pflicht der bei ihr organisierten Aufsichtsratsmitglieder vermeiden, dass finanzielle Erwägungen ausschlaggebend für die Bewerbung um ein Aufsichtsratsmandat sind. Vielmehr soll die Mandatswahrnehmung idealistisch und vom Solidargedanken geprägt wahrgenommen werden. Dazu verhält es sich konträr, wenn gerade der bei der Gewerkschaft beschäftigte und von den Beiträgen der Mitglieder bezahlte hauptamtliche Funktionär trotz Abführungspflicht in dem Genuss der persönlichen Verwendung der Aufsichtsratstantiemen verbliebe. Als hauptamtlich bei dem Verein Beschäftigter kann sich der Beklagte darauf, die Klägerin lasse ehrenamtliche Funktionäre unbehelligt, nicht berufen.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Dr. Rainer Borgelt, Rechtsanwalt für Unternehmensrecht, Wirtschaftsrecht, Arbeitsrecht, Versicherungsrecht, Zivilrecht

Dr. Rainer Borgelt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht