Kunst als Design? Von etwas müssen auch Künstler und Designer leben, wobei der Künstler in der Regel von dem Verkauf der geschaffenen Kunstwerke selbst lebt, der Designer jedoch eine etwas andere Zielrichtung hat. Designs sind dazu ausgelegt, einen Gegenstand zu gestalten oder zu dekorieren. Letztlich wird das Design zur Verwendung in Zusammenhang mit einem anderen Produkt oder Service verkauft. Das Kunstwerk ist das Produkt selbst und daher in der Regel nicht dazu gedacht, als Dekoration für Waren herzuhalten.

Künstler gehen durchaus Kollaborationen Unternehmen ein und werden so zu Designern. Insbesondere dann, wenn es mit Mode zu tun hat. Yayoi Kusama designte Taschen und Bekleidung mit Tupfenmuster für Louis Vuitton, sogar die Ladengeschäfte wurden entsprechend ausgestaltet. Auch Takashi Murakami designte mehrere Linien für Louis Vuitton. Gary Baseman’s comicartige Wesen dekorierten Taschen, Sweatshirts und Modeschmuck für das Modelabel Coach. Der Künstler Trevor Andrew war immer schon besessen von Gucci, durfte dann für die Marke designen und trat schließlich unter dem Soubriquet GucciGhost auf. Jeff Koons brachte seinen Balloon Dog auf Taschen des Billiglabels  H&M. Die Keith Haring Foundation ließ den Schuhdesigner Nicolas Kirkwood Werke des Künstlers in sein Schuhdesign einarbeiten. Steve McQueens Seidenschals, die mit Damien Hirst designten Schädeln bedruckt waren, sind heute begehrte Sammlerstücke und haben den Totenschädel als Mainstreamdesign bei Modeartikeln salonfähig gemacht. Rob Pruitt designte in Kollaboration mit Jimmy Choo ebenfalls sexy Damenschuhe.

Auch wenn es hip sein mag, als Künstler mit Modelabeln zusammen zu arbeiten, dann aber auch nur, wenn man das wollte. Denn allzu oft nutzen Unternehmen Designs oder Kunstwerke als Dekoration ohne den Schöpfer zu fragen. In den meisten Fällen ist der Künstler dagegen, sein Werk kommerzialisieren zu lassen, etwa weil es der Einzigartigkeit des Kunstwerks widerspricht oder weil es nicht mit dem Image übereinstimmt.

Gerade in den letzten 5 Jahren hat es viele solcher Fälle gegeben, die überwiegend in Amerika spielten und soweit ersichtlich fast immer mit einem vertraulichen Vergleich zwischen den Parteien endeten. Wenn man bedenkt, dass die Kosten eines Rechtsstreits in Amerika meistens weitaus erheblicher sind als hier in Deutschland, das Erfolgshonorar erlaubt ist (ein Vergleich kann als Erfolg gewertet werden) und auch die Schadensersatzforderungen mangels einfach berechenbarer Kostenerstattungsregeln ins uferlose gehen, kann man das nachvollziehen. Die in der Regel finanzschwächeren Designer und Künstler gehen – gerade bei im Kunstrecht fast immer unsicheren Ausgangschancen – oft lieber den sicheren Weg und opfern den Künstlerstolz einem internen „Schuldanerkenntnis“ des Rechteverletzers, der aus der Unternehmenskasse ausgezahlt wird.

2016 entbrannte ein Rechtsstreit (case no. 2:15-cv-05900) zwischen dem Graffiti Künstler Joseph Tierney, auch bekannt unter Rime, und dem Modehaus Moschino S.p.a. sowie seinem Kreativdirektor Jeremy Scott. Dieser hatte ein Kleid designt, das die Popsängerin Katy Perry bei der Metropolitan Museum of Art’s Costume Institute Gala trug. Dieses Kleid war mit einem Graffiti des Künstlers “Vandal Eyes” dekoriert, das er für die Streetart Organisation The Seventh Letter in Detroit im Jahr 2012 kreiert hatte. Über dieses Graffitidesign hatte Moschino’s Designer auch noch den Marken- und Designernamen und eigenes Graffitidesign gelegt. Scott trug bei dem Event einen ähnlich designten Anzug. Tierney erhob Klage und verlangte Unterlassung und Schadensersatz in Höhe von – eher moderaten – 25.000 USD jeweils von Moschino und Scott. Das zuständige Gericht nahm die Klage an und machte deutlich, dass es die Ansprüche des Klägers für stichhaltig ansah (https://assets.documentcloud.org/documents/2690783/Tierney-Opinion.pdf). Insbesondere machte der Graffitikünstler geltend, seine street credibility sei verletzt, da er als Ausverkäufer seiner Street Art wahrgenommen werde. Da er bereits mit Adidas und Disney zusammen gearbeitet habe könnte vom Publikum angenommen werden, er arbeite auch mit Moschino zusammen – was nicht zuträfe.

Das Gericht erklärte, dass es gegen eine fehlende Kenntnis Moschinos und Scotts von der Urheberschaft Tierneys spreche, dass diese sowohl den Moschino-Schriftzug als auch die Signatur Tierneys auf das Stoffdesign aufgebracht hatten. Insbesondere die Tatsache, dass die Beklagten die Signatur „RIME“ des Street Artists für ihr Design genutzt hätten, obwohl sie gar nicht auf dem ursprünglichen Werk angebracht war (dort war mit einem üblichen Crew-Zeichen signiert, das zeigte, welcher Crew Tierney angehörte) deute an, dass Moschino und Scott eine Verwechslungsgefahr hergestellt hätten.

Letztlich zogen die Parteien ihre Eingaben aus dem Rechtsstreit zurück und schlossen einen Vergleich. Es bleibt daher leider offen, wie das Gericht entschieden hätte. Die für den Graffiti-Künstler günstige erste Beurteilung jedoch wird die Beklagten zu einem Vergleichsschluss bewogen haben.

Nicht erfolgreich war die Künstlerin  Maya Hayuk mit ihrer Klage gegen Starbucks (Hayuk v. Starbucks Corporation et al, case no. 1:2015cv04887). Der Kaffeegigant hatte mit ihr wegen der Gestaltung von Mini-Frappuccino-Behältern zusammen arbeiten wollen. Zu einem Vertrag kam es jedoch nicht. Trotzdem sah die Künstlerin danach in der Gestaltung und Werbung von Starbucks Frappuccinos ihr buntes, geometrisches Werk unberechtigt vervielfältigt. Sie klagte auf Unterlassung und Schadensersatz. Das Gericht betrachtete die Sache jedoch anders als die Künstlerin. Es machte den „total concept look and feel“ Test. Das Gericht kam zu der Auffassung, dass obwoh die beiden sich gegenüberstehenden Designs bzw. Werke bestimmte Charakteristika teilten, die dominanteren Unterschiede ausreichten, um eine substantielle Unterschiedlichkeit herzustellen. Die Klage wurde abgewiesen. Drei andere Fälle, in denen Hayuk gegen die Modeunternehmen Urban Outfitters, Target und Heisensports wegen der unberechtigten Verwendung ihrer Kunstwerke klagte, endeten vermutlich mit vertraulichen Vergleichsvereinbarungen.

Ebenfalls ein Vergleich beendete den Rechtsstreit zwischen dem Street Artist David Anasagasti, aka Ahol Sniffs Glue, und dem Modelabel Urban Eagle Outfitters. Der Künstler machte geltend, dass American Eagle sein Graffiti Kunstwerk (mehrere Reihen von schläfrig dreinblickenden Augen) auf Internetseiten und als Ladendekoration nutzte, sondern insbesondere als Hintergrund für ein Modelfoto verwendete, auf dem das Model eine Spraydose hielt. Wiederum wurde von dem Street Art Künstler eine Schädigung seiner „street creds“, also seiner Glaubwürdigkeit als underground street artist, der sich nicht an Unternehmen verkauft,  ins Feld geführt.

Interessant ist, dass vielen dieser Fälle erfolglose Anfragen der Unternehmen bei den Künstlern oder Designern vorausgingen. Statt sich einfach selbst etwas Neues auszudenken entschieden die Unternehmen dann jeweils, die ersehnten Motive nachzuahmen. Solange derartige Rechtsstreitigkeiten nicht entschieden sondern durch Vergleiche beendet werden dürfte es weiterhin Ansporn für Unternehmen bleiben, auszutesten, ob Künstler und Designer die Traute und die Finanzkraft haben, ihre Honorare nach dem Einreichen von Klagen durch Vergleiche zu erzwingen. Die richtige Reihenfolge ist dies jedoch nicht.

Eva N. Dzepina, LL.M. (UK)
Rechtsanwältin
www.borgelt.de
Mitglied des Instituts für Kunst und Recht, IFKUR e.V.

Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift Kunst und Auktionen.

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Eva N. Dzepina Rechtsanwältin für Markenrecht, Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Internetrecht, Designrecht, Kunstrecht, IT-Recht, Domainrecht

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