Wenn Surfer einander die Welle klauen ist das ein Affront. In der Kunst ist das jedoch anders. Schließlich gibt es Appropriation Art. Und Künstler haben sich immer schon von anderen Künstlern inspirieren lassen – man denke an die bärtige Mona Lisa des Marcel Duchamp.

Manchen geht es aber dann doch zu weit. Der Fotografin Lynn Goldsmith zum Beispiel. Im July 2016, einen Monat nach dem Tod der Popikone Prince, kontaktierte sie die Andy Warhol Foundation for the Visual Arts das erste Mal. Ein Portrait der Prince Serie von Warhol war  auf dem Cover des Magazins The Genius of Prince abgebildet. Das Magazin war vom Condé Nast Verlag im Mai 2016 veröffentlicht worden als Hommage an das Leben und Werk des Künstlers Prince. Goldsmith verlangte von der Warhol Foundation eine erhebliche Geldsumme und drohte im Falle der Nichtzahlung mit einer Klage.

Stein des Anstoßes war, dass ein Foto von Goldsmith Grundlage der Warholschen Serie „Prince“ war. Goldsmith hatte Prince 1981 fotografiert. Das Bild zeigt Prince frontal, mit einem weißen Hemd, Hosenträgern und Schmalzlockenfrisur, sichtbar bis zum oberen Teil seiner Hose.

Andy Warhol hatte 1984 mittels Siebdrucktechnik eine Portraitserie von Prince angefertigt, die von Goldsmiths Foto inspiriert war. Die Bilder der Serie zeigen in verschiedenen Farbkombinationen allein das Gesicht von Prince das vor dem Hintergrund schwebt.

Die Andy Warhol Foundation hat nun im Aptil 2017 Klage gegen Goldsmith eingereicht und beim Southern District of New York Court (SDNY) beantragt, das das Gericht festellen möge, daß die Prince Serie von Andy Warhol die Rechte von Goldsmith nicht verletzt. Die Hauptargumente der Foundation sind Verjährung, da die Prince-Serie seit über 30 Jahren existiert, und die erlaubte Nutzung des Fotos als freie Bearbeitung (transformative use). Durchlesen kann man die Klage hier.

Die Foundation trägt vor, dass es typisch für Warhols Werk sei, dass er sich Fotos anderer „als Inspiration“ bediene und diese dann so umarbeite, dass sie eigene und neue Kunstwerke darstellen. Dies sei von Akademikern und Kunstkritikern auch mehrfach diskutiert worden.

Die Klage enthält dann eine sehr umfangreiche Ausarbeitung der Unterschiede zwischen dem zugrundeliegenden Goldsmith Foto und der Prince Serie. Nicht zuletzt mach die Foundation auf den anderen Winkel und das extremere Augenmakeup aufmerksam sowie auf die Tatsache, dass die Serie allein das Gesicht der Popikone zeigt. Die völlig andere visuelle Ästhetik der Serie im Vergleich zum schlichten Foto von Goldsmith wird herausgestellt.

Die Foundation macht geltend, dass das Foto von Goldsmith eine ganz andere Zielgruppe anspreche als die Warhol Serie. Auch würden ganz andere Kunstsammler und Märkte mit den jeweiligen Werken angesprochen. Die Prince Serie von Warhol würde hauptsächlich von high-end-Sammlern von Pop Art gekauft – das Foto von Goldsmith hingegen nicht.

Bereits im November 1984 sei ein Bild der Prince Serie in der Zeitschrift Vanity Fair abgedruckt gewesen – im selben Jahr wie das Foto von Goldsmith, das ebenfalls in der Vanity Fair abgedruckt worden war. Die Prince Serie sei seitdem in Ausstellungen und Publikationen rund um die Welt veröffentlicht worden.

Es könne daher nicht sein, dass Goldsmith über 30 Jahre später Ansprüche stelle und dabei behaupte, die Prince Serie nicht zu kennen. Es scheine eher so, dass Goldsmith versuche, aus dem Tod von Prince und den damit zusammenhängenden Publikationen Profit zu schlagen.

Die Foundation zitierte auch einen älteren Facebook Post von Goldsmith in dem diese mitteilte, sich gut mit dem Urheberrecht auszukennen und sich darüber ausließ, das Fotografen, deren Werke von Künstlern genutzt würden, nicht ausreichend geschützt werden.

Die von der Fotografen Goldsmith erhobenen Ansprüche, so die Foundation, machten die Feststellungsklage notwendig, da Uneinigkeit über die Rechtslage bestehe. Eventuelle Ansprüche der Fotografen seien ohnehin bereits verjährt. Ferner handele es sich bei der Prince Serie nicht um eine Urheberrechtsverletzung sondern eine freie Bearbeitung.

Nicht zuletzt fordert die Foundation die durch die Klage entstandenen Anwaltskosten und gegebenenfalls weiteren Schadensersatz von Goldsmith.

Man muss nun verfolgen wie es in diesem Fall weitergeht. Ein Vergleich erscheint eher unwahrscheinlich. Goldsmith hat ihre außergerichtlichen Forderungen nicht weiter verfolgt und zuerst geklagt. Für die Warhol Foundation ist es jedoch wichtig hier einen Punkt zu setzen, deshalb ist zu erwarten, dass ein Urteil des Gerichts erwünscht ist. Schließlich ist man Sammlern, Museen und Medien verantwortlich falls im Hinblick auf die Werke Warhols Rechtsverletzungen erfolgreich geltend gemacht werden. Eine solche Anschuldigung kann man nicht stehen lassen, wenn weiter mit diesen Werken Warhols Geld verdient werden soll.

Trotzdem ist eine Feststellungsklage im Gegensatz zum „Aussitzen“ immer ein Risiko. Dass die Foundation mit der Klage selbst ins offene Messer gelaufen ist, ist jedoch hier zu bezweifeln. Der Verjährungseinwand erscheint einfach zu stark. Ein Aufreger erst nach 30 Jahren ist unglaubwürdig.

Eva N. Dzepina, LL.M. (UK)
Rechtsanwältin
www.borgelt.de
Mitglied des Instituts für Kunst und Recht, IFKUR e.V.

Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift Kunst und Auktionen.

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Eva N. Dzepina Rechtsanwältin für Markenrecht, Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Internetrecht, Designrecht, Kunstrecht, IT-Recht, Domainrecht

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