Urheberrechtsverletzung durch Suchmaschinen?

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschied am 21. September 2017, dass keine Urheberrechtsverletzung vorliegt, wenn urheberrechtlich geschützte Bilder durch Suchmaschinen im Internet gefunden und öffentlich wiedergegeben werden (Az.: I ZR 11/16 – Vorschaubilder III; Urteil aktuell nur als Pressemitteilung über die Internetseite des Bundesgerichtshof verfügbar). Als Vorinstanzen hatten das Landgericht Hamburg (310 O 331/09) und das Oberlandesgericht Hamburg (5 U 6/11) über den entschieden.

Wiedergabe von geschützten Erotikfotos

In dem Rechtsstreit ging es um eine Verletzung des ausschließlichen Rechts der Klägerin gemäß § 15 Abs. II UrhG an Fotografien durch eine Bildersuchmaschine von AOL. Die Klägerin betrieb die Internetseite perfect10.com, auf der Nacktbilder natürlich schöner Frauen abrufbar waren – allerdings in einem passwortgeschützten Bereich und erst nach Registrierung und Zahlung einer Gebühr.

AOL stellte eine Bildersuchmaschine zur Verfügung. Diese Suchmaschine zeigte auch Bilder, die über Google-Links eingebunden wurden. Google sammelte diese Bilder wiederum in einem automatisierten Verfahren auf frei zugänglichen Websites und stellte kleine Vorschaubilder zur Verfügung, die dann auch bei AOL in der Bildersuche erschienen.

Die Klägerin verlangte Unterlassung, Schadensersatz und Auskunftserteilung darüber, wie die Beklagte Zugriff auf die Bilder erhalten hatte, obwohl diese aus dem passwortgeschützten Bereich der klägerischen Internetseite stammten. Die Klägerin vermutete, dass registrierte Nutzer die Bilder aus dem passwortgeschützten Bereich rechtswidrig ins Internet gestellt hatten und sie so von der Suchmaschine der Beklagten aufgefunden und wiedergegeben wurden.

Der Bundesgerichtshof wies die Klage ab.

Er sah die Klägerin nicht in ihrem ausschließlichen Recht zur öffentlichen Wiedergabe der Fotografien gemäß § 15 II UrhG verletzt. Dabei war es aus Sicht des Gerichts unerheblich, auf welche Art und Weise die Bilder auf die frei zugänglichen Websites und somit in die Suchmaschine der Beklagten gelangten. Vielmehr wäre eine Verletzung nur dann anzunehmen, wenn die Beklagte die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung erkennen konnte oder musste.

Das war im vorliegenden Rechtsstreit nicht der Fall. Von einem Suchmaschinenbetreiber könne nicht erwartet werden, dass er jeweils prüft, ob die von der Suchmaschine in einem automatisierten Verfahren zusammengestellten Bilder rechtmäßig im Internet veröffentlicht wurden, bevor sie in den Suchergebnissen als Vorschaubilder erscheinen.

Besteht eine Ausnahme vom Urheberrecht?

Zwar stehen die Nutzungsrechte an einem urheberrechtlich geschützten Werk allein und ausschließlich dem Urheber zu, § 15 UrhG. Dritte können geschützte Werke mit einer entsprechenden Lizenz nutzen Aber es gibt auch Ausnahmen von diesem Grundsatz, sogenannte Schrankenregelungen, §§ 44a ff UrhG. Beispiele für solche Ausnahmen sind die Parodie, das Zitat, Unterricht, Forschung oder in engem Rahmen auch die private Nutzung.

Konnte der Suchmaschinenbetreiber AOL sich auf eine Ausnahme berufen?

Nein. AOL kam durch ein anderes Argument aus der Sache raus. Die Entscheidung des Bundesgerichtshof von September 2017 orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 3 I der europäischen Urheberrechtslinie (Richtlinie 2001/29/EG), insbesondere an dem Fall GS Media ./. Sanoma u.a. vom 8. September 2016. Hier hat der EuGH entschieden, dass stets zu differenzieren ist, ob der verwendete Link auf einer Internetseite mit oder ohne eine Gewinnerzielungsabsicht verwendet wird.

Liegt eine Gewinnerzielungsabsicht vor, kann vom Verwender des Links erwartet werden, dass er zuvor überprüft, ob die Verwendung der Linkinhalte in einer Rechtsverletzung für Dritte resultiert. Es gilt daher die Vermutung der Kenntnis von der Rechtswidrigkeit bei einer Gewinnerzielungsabsicht. Das gilt jedoch nicht für Links, die Nutzer zu Suchmaschinen führen.

Vom Verwender des Links kann wegen der Komplexität des automatisierten Verfahrens während der Suche nicht verlangt werden, dass er die Rechtmäßigkeit der gefundenen Inhalte überprüft, besonders wenn die Inhalte frei zugänglich sind.

Verwender von Links zu fremden Inhalten sollten sich immer umfassend anwaltlich beraten zu lassen, um Urheberrechtsverletzungen auszuschließen.

Bei Fragen zum Urheberrecht können Sie sich gerne an uns wenden. Vereinbaren Sie gern einen Termin mit Frau Rechtsanwältin Eva Dzepina unter dzepina@borgelt.de.

Sprechen Sie uns an per E-Mail: info@borgelt.de oder Telefon: +49.211.5858990

Eva N. Dzepina Rechtsanwältin für Markenrecht, Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Internetrecht, Designrecht, Kunstrecht, IT-Recht, Domainrecht

Eva N. Dzepina, LL.M. (UK)

Rechtsanwältin