Performances können als Kunstwerke urheberrechtlich geschützt sein. Performances finden für den Moment statt. Was ist, wenn sie dokumentiert oder wiederholt werden? Wie sieht es dann mit einer unberechtigten Vervielfältigung nach dem Urheberrechtsgesetz aus?

Das neue Buch des Kunsthistorikers Hal Foster “Bad New Days: Art, Criticism, Emergency” im Verso Verlag, vorgestellt in einem Auszug in The Art Newspaper am 18. September 2015, entzündet neue Gedanken über die Performance Kunst. Der Autor schreibt über Performances und Tänze, meist aus den 60ger und 70ger Jahren, die in den letzten Jahren von Museen wiederaufgeführt wurden.

Er stellt in den Raum, dass die Wiederaufführungen eine “zombie time“ eingeläutet haben. Dabei könne man diese Praxis negativ als reine Wiederverwertung alternativer Praktiken oder positiv als Rückgewinnung verlorener Geschehnisse werten. Zu bedenken sei auch, dass Museen auch wirtschaftliches Interesse an solchen Wiederaufführungen haben dürften. Es bringt Besucher und Presse, wenn berühmte und/oder skurrile Performances oder Tänze aus vergangenen Zeiten wieder gezeigt werden.

Doch der Zombie-Gedanke bei einer Wiederaufführung von Perfomance-Kunst ist natürlich interessant und nachvollziehbar. Es gibt dazu eine Hausarbeit von Lisa Wossal, „Die Wiederaufführbarkeit von Performance-Kunst am Beispiel von von Marina Abramovic“, im Bereich Theaterwissenschaft/Tanz aus 2014 (http://www.grin.com/de/e-book/273698/die-wiederauffuehrbarkeit-von-performance-kunst-am-beispiel-von-marina).

Die Autorin vertritt hier die Auffassung, dass die üblichen Definitionen Performances als „situationsbezogene, mit Schwerpunkt auf Handlung und Aktion gelegte, vergängliche Darstellung bezeichnen“. Demnach wären Performances nur existent im Moment ihrer Aufführung. Gleichzeitig wäre die Performance dann auch nur existent für die Zuschauer, die sie sich im Zeitpunkt ihres Ablaufs anschauen oder sie miterleben. Wenn man dann, so die Autorin, das Leben der jeweiligen Performance irgendwie verlängern will, die Grenze der Reichweite erweitern möchte, nutzt man dazu die Dokumentation mittels verschiedener Medien, wie Video, Fotografie oder Tonaufnahmen. Schriftlich dokumentieren kann man eine Performance ja auch.

Diese Veränderung, die sich auf Seiten der Kunst durch die Dokumentation vollzieht, so ein völlig anderes Erleben, quasi aus der Dose und einer völlig unterschiedlichen Perspektive, kann die ursprüngliche Performance, die ja ein Kunstwerk ist, verzerren und verändern. Letztlich ist sie nicht mehr dieselbe, vermittelt nicht mehr denselben Eindruck wie als sie dargeboten wurde. Dieser Gedanke ähnelt sehr dem der Umgestaltung und Bearbeitung im Urheberrecht.

Jede Bearbeitung oder andere Umgestaltung im Sinne des § 23 Satz 1 UrhG stellt, soweit sie körperlich festgelegt ist, zugleich eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG dar. Ein „Happening“ oder eine Performance kann zudem grundsätzlich als Werk der bildenden Künste oder als Bühnenwerk oder als besondere eigentümliche Gestaltung eine persönliche geistige Schöpfung im Sinne von UrhG § 2 Abs 2 sein (so der BGH zum Streit um die Ausstellung “Joseph Beuys – Unveröffentlichte Fotografien von Manfred Tischer”, Urteil vom 06. Februar 1985, AZ: I ZR 179/82). Bei dem Fotografieren einer Performance, beispielsweise, erfolgt eine Vervielfältigung des abfotografierten Kunstwerks durch eine körperliche Fixierung der wesentlichen Elemente der Performance.

Außerdem ist es dazu auch noch keine einfache Vervielfältigung sondern vielmehr eine Umgestaltung, § 23 UrhG, weil der Fotograf ja selbst entscheidet, was von dem Performance-Ablauf er nun fotografiert und was nicht. Der mehrinstanzliche Gerichtsprozess um die Ausstellung der Fotografien einer Beuys-Performance hatte dieses Problem zu Thema. Dort verlangte die Erbin Beuys, dass das Museum Schloß Moyland aus der Ausstellung “Joseph Beuys – Unveröffentlichte Fotografien von Manfred Tischer”, die aus achtzehn Schwarz-Weiß-Fotografien bestehende Fotoserie mit dem Titel “Das Schweigen von Marcel Duchamp wird überbewertet” entferne. Andere Dokumentationen der betroffenen, einmaligen Performance außer den Fotos hatte es nicht gegeben. Der Bundesgerichtshof hatte in diesem Fall letztlich entschieden, dass ihm keine tragfähige Grundlage für eine Gegenüberstellung der Originalperformance und der Fotos vorlag, um beurteilen zu können ob es sich um eine Umgestaltung handelt. Wenn man das Original nicht sieht kann man auch nicht erkennen, ob oder was umgestaltet wurde – logisch. Deshalb unterlag die Beuys-Witwe letztendlich mit Ihrer Klage.

Aus diesem Grunde ist es ohnehin wohl schwer zu sagen, ob etwas eine Umgestaltung ist oder nicht – denn wie soll man die Wirkung und den Eindruck des flüchtigen Originals jemals beurteilen können und dann eine Umgestaltung festzustellen? Die Performance ist ja dann weg.

Sonst kann man, wie auch Lisa Wossal beschreibt, eine Reperformance vornehmen. Da kann man sich fragen was hier eigentlich das Original ist. Oder sind Reperformances nur verschiedene Versionen oder sogar jeweils einzigartige Kunstwerke?

Das morgendliche Ritual des Zähnputzens der einzelnen Familienmitglieder werden Sie vielleicht nach der Lektüre dieses Artikels in ganz neuem Lichte sehen……

Eva N. Dzepina, LL.M. (UK)
Rechtsanwältin
www.borgelt.de
Mitglied des Instituts für Kunst und Recht, IFKUR e.V.

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Eva N. Dzepina Rechtsanwältin für Markenrecht, Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Internetrecht, Designrecht, Kunstrecht, IT-Recht, Domainrecht

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