Weinfälschung in Deutschland und der Welt

I. Skandale im Weinhandel

1. Der Fall des Rudy Kurniawans

Der 1976 in Indonesien geborene Rudy Kurniawan reiste mit einem Studentenvisum in die Vereinigten Staaten. Anfang der 2000er Jahren begann er sich zunächst als Käufer und dann auch als Verkäufer am Weinhandel zu beteiligen.
Im Jahr 2006 versteigerte das Auktionshaus Acker, Merral & Condit einige seiner Weine, wobei bei deren Versteigerungen neue Maßstäbe gesetzt wurden. So erzielte das erste Los einen Erlös von 10 Millionen und das zweite einen Erlös von 24,7 Millionen Dollar, was einen neuen Rekord darstellte. Er hatte in beiden Auktionen acht Magnumflaschen Château Lafleur eingereicht.
Was damals jedoch niemand ahnte, bei den Flaschen handelte es sich um Fälschungen. Zunächst kam man dem nicht auf Schliche, da bekanntermaßen solche Sammlerstücke nicht zum Trinken geöffnet werden, sondern als Investitionen dienen.
Ein erster Verdacht wegen möglicher Fälschungen gegen Kurniawan kam 2007 auf. Zu diesem Zeitpunkt strebte er die Versteigerung von einigen Magnumflaschen des renommierten Château Le Pin an. Das Weingut selbst warnte vor einer Fälschung, so dass die Versteigerung nie stattfand.
2008 erhärtete sich der Verdacht gegen Kurniawan, als er Weine des Weinguts Clos St. Denis von Ponsot aus den Jahrgängen 1945 bis 1971 zu verkaufen versuchte. Das Weingut wies daraufhin, dass vor dem Jahr 1982 gar kein Clos St. Denis produziert wurde, weshalb es sich bei den Flaschen um Fälschungen handeln müsse. Kurniawan entzog sich jedoch einem Prozess, indem er glaubhaft machte selber unwissentlich an Fälschungen geraten zu sein.
Im Jahr 2009 wurde er jedoch von William „Bill“ Koch verklagt, der behauptete Kurniawan habe ihm und anderen Sammlern wissentlich gefälschte Flaschen verkauft.
Am 8. März 2012 wurde Kurniawan durch das FBI verhaftet. Spätere Untersuchungen zeigten, dass Kurniawan billige, wenn auch alte, burgundische Weine kaufte und sie mit renommierten Herstellernamen und Weinen neu kennzeichnete.
Am 9. März 2012 wurde er vor einem New Yorker Gericht wegen Betrugs angeklagt und letztendlich zu zehn Jahren Haft verurteilt. Ihm konnten Weinfälschungen im Wert von mehr als 20 Millionen Dollar nachgewiesen werden.

2. Der Glykolwein-Skandal

Früher war es üblich und erlaubt (sowie auch heute noch), Wein mit Zucker zu versetzen, wenn die Traube nicht süß genug war. Durch diese Möglichkeit des „Aufzuckerns“ konnten auch nahezu unreife Trauben bei Angst vor Ernteausfällen oder Schädlingsbefall abgelesen und verwendet werden. Der Mangel an Süße durch die fehlende Reife der Trauben wurde dann durch das Hinzufügen von Zucker ausgeglichen.
Nachteil dieses Verfahrens ist jedoch, dass mit Zucker versetzte Weine in ihrer Qualitätsstufe niedriger bewertet werden und daher geringere Erlöse erzielen. So ist etwa dürfen etwa nach österreichischem Weinrecht nur solche Weine sich „Qualitätswein“ nennen, bei denen kein Nachzuckern, – säuern, oder – spriten erfolgt ist.
Einige österreichische Winzer kamen daher auf die Idee ihre Weine anstelle von Zucker mit Diethylenglycol zu versetzen.
Diethylenglycol gehört zu der Gruppe der Alkohole und Ether und ist toxisch. So war es der Auslöser einiger schwerer Vergiftungsepidemien, bei denen mehrere Kinder verstarben. In allen Fällen hatte man das süßlich schmeckende Diethylenglycol als Hilfsstoff in Arzneimitteln verwendet.
Die Mischung von Diethylenglycol und Wasser wird außerdem als Frostschutzmittel eingesetzt.
Der Vorteil der mit Diethylenglycol versetzten Weine bestand in den so erzielten besonders süßen und aromatischen Geschmäckern der Weine. Zusätzlich beeinflusste der Stoff nicht die amtlichen Zuckertests, so dass der Wein weiterhin als „Qualitätswein“ eingestuft wurde.
Zur Aufdeckung der Weinfälschungen kam es, als ein Winzer auffällig große Mengen Frostschutzmittel steuerlich absetzen wollte, obwohl er lediglich einen kleinen Traktor besaß.
Im Rahmen der darauf eingeleiteten Ermittlungen kam es zu zahlreichen Beschlagnahmen von gepantschten Weinen. Die darin nachgewiesene Konzentration des Diethylenglycols war jedoch so gering, dass eine langfristige Schädigung von Leber, Nieren und Gehirn nicht zu befürchten war. Selbst bei erhöhtem Weingenuss hätte ein gesunder Mensch nicht unmittelbar vergiftet werden können.
Dennoch wurden einige Winzer bis zu acht Jahren Haft verurteilt. Der finanzielle Schaden, den man dem Prozess zugrundelegte, wurde mit 124 Millionen Schilling (etwa 9 Millionen Euro) beziffert.
Noch schlimmer war der Imageschaden. So trat am 9. Juli 1985 das deutsche Bundesgesundheitsministerium mit der Mitteilung über die verunreinigten Weine aus Österreich an die Öffentlichkeit. Insgesamt wurden in Deutschland vier Millionen Liter Wein vom Markt genommen. In Belgien nahm man sogar den gesamten österreichischen Wein vom Markt.
In Folge dessen mussten vor allem viele kleine, unbeteiligte Winzer ihren Betrieb aufgeben.

II. Methoden zur Feststellung einer Fälschung

Wie die Geschichten zeigen ist die Fälschung von Weinen seit jeher ein verlockendes Geschäft. Doch was kann man tun, um sich gegen den Erwerb von Fälschungen zu schützen.
Zunächst ist bei jedem Weinkauf Vorsicht walten zu lassen. Ein aufmerksamer Käufer kann schon aufgrund einfacher Äußerlichkeiten eine Fälschung erahnen. So kann bereits das Etikett einer Flasche als Indiz für das Vorliegen einer Fälschung dienen.
Teilweise unterlaufen den Fälschern bereits bei der Beschriftung der Flasche Fehler, so wird beispielsweise aus einem „Château“ ein „Chato“.
Des Weiteren ist auf den bezeichneten Jahrgang zu achten und zu schauen, ob der Wein überhaupt in dem benannten Jahr produziert wurde. Dies zeigt das oben genannte Beispiel des Rudy Kurniawans, der einige Flaschen der Marke Clos Saint-Denis von Ponsot der Jahrgänge 1945 bis 1971 zu verkaufen versuchte, obwohl diese erst seit 1982 produziert wurden. Ein aufmerksamer Käufer hätte bereits zu diesem Zeitpunkt die Fälschung zumindest erahnen können.
Auch das Papier des Etiketts kann ein Fälschungsindiz sein. Dies ist dann der Fall, wenn die Flasche als aus dem Jahr 1950 beziffert ist, das Papier selber und die verwendete Druckart jedoch aus einem viel moderneren Zeitraum stammen.
Auch ist auf den Korken einer Flasche zu achten. Teilweise kommt es bei Fälschungen vor, dass sich auf dem Korken ein anderer Name oder eine andere Jahreszahl befinden, als auf dem Etikett.
Neben dem Etikett kann auch die Flasche selber, oder der verwendete Wachs zum Nachweis einer Fälschung dienen. Mittels wissenschaftlichen Tests lassen sich Alter von Korken und Wachs bestimmen.
Problematisch wird der Nachweis einer Fälschung wenn der Fälscher Originalflaschen einfach neu auffüllt. In diesem Fall können die Äußerlichkeiten der Flasche nicht mehr als Fälschungsindiz herhalten.
Ein einfacher Weg die Fälschung festzustellen, wäre das Öffnen des Weines und die Vornahme eine Geschmackstests. Die Nachteile dieser recht einfachen Testmethode sind jedoch gravierend. Zunächst sind nur wenige Fachleute tatsächlich in der Lage mittels eines puren Geschmackstests das Alter eines Weines zu bestimmen. Der noch viel relevantere Nachteil besteht im Öffnen der Flasche. Eine bereits geöffnete Flasche lässt sich nicht mehr verkaufen, was angesichts der Hauptnutzung solcher Flaschen als Kapitalanlage fatal wäre.
Daher wurden zwei Tests entwickelt, um das Öffnen der wertvollen Flaschen zu umgehen.
In dem einen Fall untersucht man mit Hilfe eines Massenspektrometers die Wein auf das Vorkommen des Kohlenstoff-14-Isotops. In der Zeit vor den ersten Atomexplosionen existierte dieses Isotop in einem viel geringeren Umfang. Außerdem bestand es in einem konstanten Verhältnis zu einem anderen Kohlenstoff-Isotop, dem C12. Oberirdische Atombombenversuche haben Ende der vierziger Jahre die Menge an C14 in der Atmosphäre rapide erhöht. Seit dem Ende der Tests im Jahr 1963 wird die C14-Konzentration durch Kohlendioxid (CO2) aus fossilen Brennstoffen verdünnt. Der Grad dieser Verdünnung gibt Aufschluss über das Jahr, in dem die Weintrauben gewachsen sind, denn über die Luft nehmen die Weinpflanzen CO2 samt C14 auf.
Eine ähnliche Untersuchungsmethode stellt der sogenannte Cäsium-Test dar. Dabei werden die Weine auf das Vorliegen des radioaktiven Cäsium-137 untersucht, das ebenfalls erst seit den ersten Atombombentests in der Luft und damit in den Trauben nachweisbar ist. Dazu wird mittels einer langen Nadel durch den Korken ein Tropfen Wein entnommen. An der jeweiligen Konzentration des Cäsium-137 kann dann das genaue Jahr des Weines bestimmt werden. Für alle Weine, die kein Cäsium 137 enthalten, steht fest, dass diese aus der Zeit vor den ersten Atombombenversuchen stammen müssen.
Insofern bestehen genaue Tests für das Alter eines Weines ab dem Zeitpunkt der ersten Atombombenversuche. Für den Zeitraum davor können weiterhin nur die oben genannten Indizien helfen.

III. Umgang mit Fälschungen und deren Konsequenzen

Der Umgang mit gefälschten Weinen ist nicht einfach.
Gefälschte Flaschen können im Falle eines Strafverfahrens nach § 94 Abs. 1 StPO beschlagnahmt werden. Dabei stehen dem Käufer der Fälschungen keine finanziellen Ausgleichansprüche gegen den Staat zu. Er kann sich allenfalls beim ursprünglichen Verkäufer im Wege des Zivilprozesses schadlos halten. Dieser wird jedoch regelmäßig zu seiner Entlastung vortragen, er habe von den Fälschungen nichts gewusst. Dies kann erhebliche Beweisprobleme des Käufers mit sich bringen, so dass er regelmäßig Schwierigkeiten haben wird, einen Schadensersatzanspruch vor den ordentlichen Gerichten durchzusetzen.
Auch die Weingüter, so etwa das Château Pétrus, behalten sich vor gefälschte Weinflaschen einzubehalten.
Möchte der Käufer bei internationalen Käufen nun Schadensersatzansprüche geltend machen oder von dem Vertrag zurücktreten, kann das UN-Kaufrecht entgegenstehen. So verliert der Käufer nach Art. 82 Abs.1 CISG das Recht zur Vertragsaufhebung, wenn es ihm unmöglich ist, die Ware zurückzugeben. Einen Wertersatz bei Unmöglichkeit kennt das UN-Kaufrecht nicht.