Bisher war es gängige Praxis bei einer Abmahnung als Waffe der Wahl eine Gegenabmahnung auszusprechen. Dieser Taktik schieben die Gerichte in letzter Zeit vermehrt einen Riegel vor, indem sie dieses Vorgehen als rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG werten.

Laut § 8 Abs. 4 UWG ist die Geltendmachung von Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der Gesamtumstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Rechtsverletzer einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen – also einen Kostenanspruch aufzubauen.

Allerdings gibt es keine allgemeinen Tatbestandsvoraussetzungen, bei deren Vorliegen ein Missbrauch ohne weitere Prüfung angenommen werden kann. Ein Missbrauch ist daher in jedem Einzelfall genau zu prüfen.

In der Vergangenheit wurden von den Gerichten u.a. folgende Indizien für die Bejahung eines Missbrauches herangezogen:

– Systematische, massenhafte Abmahnungen innerhalb eines kurzen Zeitraumes.

– Der Anspruchsberechtigte nimmt einen überhöhten Streitwert an.

– Der Anspruchsberechtigte verfolgt mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele – wie etwa eine Behinderungs- oder Schädigungsabsicht.

– Es besteht ein offenkundiges Missverhältnis zwischen den von dem Abmahnenden erzielten Umsätzen und den dem Abgemahnten entstandenen Kosten.

– Das Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien ist nur geringfügig, weil der Abgemahnte geringe Umsätze erzielt und keine Gefahr für den Abmahnenden darstellt.

– Die Anstrengung getrennter Verfahren bei einheitlichem Wettbewerbsverstoß und dadurch die erhebliche Erhöhung der Kostenlast, obwohl eine gemeinsame Inanspruchnahme mit keinerlei Nachteilen verbunden wäre.

Allerdings setzt sich ein Antragsteller dann nicht dem Vorwurf der verbotenen “Salami-Taktik” aus, wenn für das getrennte Vorgehen ein nachvollziehbarer Grund besteht. Ein solcher Grund liegt z.B. vor, wenn das zweite Vorgehen, anders als das erste Vorgehen, weiterer tatsächlicher Ermittlungen bedurfte.

Fazit:
Auch wenn die Gerichte nun vermehrt bei Gegenabmahnungen einen Missbrauch nach § 8 Abs. 4 UWG angenommen haben, so gelten hierfür insgesamt immer noch hohe Hürden. Neben den vorgenannten Indizien sind nämlich zusätzlich die Umstände des Einzelfalls hinreichend zu berücksichtigen, wie die Art und Schwere der Zuwiderhandlung, das Verhalten des Anspruchstellers bei der Rechtsverfolgung, das Verhalten des Abgemahnten nach der Zuwiderhandlung und auch das Vorgehen sonstiger Anspruchsberechtigter. Der strategische Klassiker “Abmahnung-Gegenabmahnung” in Salami-Taktik ist daher mit größerer Vorsicht anzuwenden.

Mit den Tätigkeitsschwerpunkten Wettbewerbsrecht und gewerblicher Rechtsschutz betreut Rechtsanwältin Eva Dzepina seit Jahren Mandaten bei dem Angriff und der Verteidigung von Verstößen.
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Eva N. Dzepina Rechtsanwältin für Markenrecht, Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Internetrecht, Designrecht, Kunstrecht, IT-Recht, Domainrecht

Eva N. Dzepina L.L.M
Rechtsanwältin