Die Frage, ob auch Konzepte oder Werbeideen urheberrechtlich geschützt sein können, hatte das Oberlandesgericht Köln im Jahr 2012 zu entscheiden. Es ging damals sowohl um Urheberrecht als auch um Wettbewerbsrecht.

Die „Rote Couch“-Projekte des Fotografen Horst Wackerbarth sind hinlänglich bekannt. Dabei bildet er verschiedenste Personen und auch Tiere seit 1979 auf oder mit einem roten Sofa in ungewöhnlichen Umgebungen fotografisch oder per Film ab und befragt sie zu ihrer Lebenseinstellung. Das Sofa ist dabei nicht immer dasselbe. 2003 erschien sogar ein Bildband „Die Rote Couch“ und das Motiv wurde vom Künstler für eine Altbier-Werbekampagne und für eine Sendereihe von Fernsehmagazinen lizenziert.

Seit 2008 hatten die Stadtwerke Bonn eine Werbe-Kampagne mit über 100 Bildern lanciert, die Menschen und Tiere aus der Region in verschiedenen Umgebungen auf einem blauen Sofa mit Slogans abbildet.

Der Künstler Wackerbarth sah darin eine Kopie seines Konzepts und klagte gegen die Stadtwerke Bonn auf Unterlassung der Nutzung von 12 bestimmten Fotografien, die er als unerlaubte Nachahmung seiner Werke ansah. Unter anderem betroffen waren Fotos eines Schweins auf roter bzw. blauer Couch, eines Saxophon spielenden Menschen auf roter bzw. blauer Couch, einer roten bzw. blauen Couch unter Wasser mit Tauchern und einer roten bzw. blauen Couch in einem Kanu mit darauf sitzendem Ruderer.

Das Landgericht Köln entschied am 12. Dezember 2013 (AZ: 14 O 613/12), dass 6 der angegriffenen Fotos tatsächlich die Urheberrechte des Künstlers verletzen.

Man muss dazu sagen, dass Wackerbarth bereits zuvor die Beklagte unter anderem wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung, Rufausbeutung, Werbe- und Lizenzbehinderung und Titelverletzung erfolglos verklagt hatte. In diesen Verfahren hatte er sich gegen die Werbe-Kampagne als Ganzes mit allen Fotos und einem Werbefilm ausgesprochen. Das Oberlandesgericht Köln verneinte jedoch den geltend gemachten Wettbewerbsverstoß (OLG Köln, Urteil v. 15. Februar 2012, Az. 6 U 140/11). In dem nun entschiedenen Verfahren waren konkrete Fotos angegriffen worden.

Das Gericht sprach sich im Falle einiger Fotos für eine Verletzung aus. Dabei verneinte es aber urheberrechtliche Ansprüche des Fotografen aufgrund einer Verletzung der gesamten Werkserie mit der roten Couch. Die Serie an sich sei trotz des gemeinsamen „rote Couch“-Motivs keine eigenständiges Werk in ihrer Gesamtheit gemäß § 2 I Nr. 4 UrhG.

Bei solchen „ready-mades“ wie des wiederkehrenden Motivs einer roten Couch sei Urheberrechtsschutz nicht gegeben, da die Auswahl des Gegenstandes für sich alleine genommen noch keine persönliche geistige Schöpfung nach § 2 II UrhG darstelle, so das Gericht. Die „bloße Präsentation eines Gegenstandes als Kunstwerk“ begründe keinen Urheberrechtsschutz. Hingegen stellen nach Ansicht das Gerichts die einzelnen Fotografien Einzelstücke dar, die für sich stehen können, ohne einen unmittelbaren Bezug zueinander zu haben wobei die rote Couch das einzige verbindende Element sei. Das über mehrere Jahre währende „fotografische Gesamtschaffen“ könne auch nicht als Aktion, Performance oder Installation verstanden werden. Zwar sei es ein kreativer Gedanke, einen Alltagsgegenstand wie die Couch in eine eher „unwohnlich anmutende Umgebung in Verbindung mit den jeweils abgebildeten Menschen“ zu verbringen und „dennoch ein Gefühl des zu Hause-Seins zu evozieren“. Für eine solche reine Idee gebe es jedoch keinen Sonderrechtsschutz (so auch schon OLG Köln, Urteil v. 15.02.2012, AZ: 6 U 140/11), nur die jeweiligen Einzelbilder seien dem Urheberrechtsschutz zugänglich.

Das Landgericht war der Ansicht, dass alle von den angegriffenen „Kopien“ nachempfundenen Fotos des klagenden Künstlers schon einmal zumindest dem Urheberrechtsschutz zugänglich seien. Eine ausreichende Schöpfungshöhe, um als Lichtbildwerke gemäß § 2 I Nr. 5, II UrhG qualifiziert zu werden und nicht lediglich als einfache Lichtbilder gemäß § 72 UrhG – die nur gegen eine exakte Übernahme geschützt wären – sei gegeben. Denn sogenannte Lichtbildwerke unterscheiden sich von bloßen Lichtbildern dadurch, dass sie eine persönliche geistige Schöpfung darstellen und Individualität und Gestaltungshöhe aufweisen, wobei daran eher geringe Anforderungen zu stellen sind. Solche Lichtbildwerke müssen „eine individuelle Betrachtungsweise oder künstlerische Aussage des Fotografen zum Ausdruck bringen“, die sich von der schlichten Abbildung abhebt.

Die vorgelegten Fotos des Klägers erfüllten diese Anforderungen mit einer besonderen Motivauswahl, dem ungewöhnlichen Bildausschnitt oder der individuellen Perspektive und der Auswahl des abgebildeten Bewegungsmoments der dargestellten Personen und/oder Tiere. Alle Fotos fingen eine bestimmte Stimmung ein, die mit der Planung des Motivs arrangiert und aufgebaut wurden und daher nicht nur zufällige Schnappschüsse, etwa wie bei Urlaubsfotos, seien. Soweit so gut. Aber warum kam das Gericht dann zu der Auffassung, dass einige der angegriffenen Fotos der Beklagten die Rechte des klagenden Fotografen verletzten und andere aber nicht?

Das läßt sich sogar für jedes Bild gesondert beschrieben im Urteil detailliert nachlesen. Denn das Gericht hat sich die einzelnen, motivisch korrespondierenden Fotos einzeln vorgenommen. Bei den Vergleichen der Bilder hat es gemeinsame Prüfungsmaßstäbe angelegt: wann ist die Benutzung eines fremden Werks frei und wann ist sie unfrei, also verletzend, im Sinne des Urhebergesetzes?

Ein fremdes Werk ist dann frei benutzt, wenn hinter der Eigenart des neuen Werks die individuellen Züge des geschützten fremden Werks verblassen und der Schöpfer des neuen Werks sich von dem geschützten Werks derart gelöst hat, dass seine Nutzung als eine selbständige schöpferische Leistung aufgefasst werden kann. So der BGH. Eine freie Benutzung eines fremden Werks liegt vor, wenn die eigenschöpferischen Elemente des benutzten Werks nicht mehr als Vorbild oder Werkunterlage, sondern als bloße Anregung gedient haben. Denn Anregungen aus fremder Kunst zu nehmen soll den Künstlern immer frei stehen. Eigene Arbeit ersparen durch ein reines Nachschaffen – sowas geht dann aber nach dem BGH doch nicht.

Bei Fotos ist es urheberrechtlich zulässig, aus fremden Werken die unbedenklichen gemeinfreien Elemente zu übernehmen, so etwa die Wahl eines bestimmten Motivs oder einer bestimmten Perspektive sowie der Einsatz einer bestimmten fotografischen Technik. Sonst würden das Handwerk und das Formenwerk aus dem sich Künstler bedienen zu sehr eingeschränkt. Je ungewöhnlicher das Motiv oder die Komposition jedoch sind, desto näher kommt man bei Übernahme der unerlaubten Vervielfältigung oder Bearbeitung. Daher schaut man erst einmal, welche Elemente des „Originals“ eigentümlich und eigenschöpferisch sind, da man sonst gar nicht feststellen kann, ob die „Fälschung“ diese maßgeblichen Elemente oder nur die freien Elemente des „Originals“ übernommen hat.

Erläuternd, wie das Landgericht die sich gegenüberstehenden Fotos verglich, sei das Motiv „Couch auf Boot“ erwähnt: Hier wurde auf einem eher kleinen Boot ein Sofa mit einem rudernden Mann auf dem Wasser abgebildet. Das Gericht fand sehr viele Gemeinsamkeiten. Der Transport einer Couch dieser Größe mit einem verhältnismäßig kleinen Boot sei schon sehr eigentümlich und entspreche nicht den üblichen Gepflogenheiten im Bootsverkehr auf Binnengewässern. Das klägerische Original stimme auch mit dem Foto der Beklagten sonst in allen wesentlichen Elementen überein: Couch jeweils diagonal auf den Booten im Wasser, die unterschiedliche Farbgebung sei zu vernachlässigen, Bootsführer beides Mal Männer fortgeschrittenen Alters im Moment des aktiven Fortbewegens, gleiche Armhaltung, gleiche Komposition der Natur.

Bei 6 der sich gegenüber stehenden Fotos fehlten dem Gericht wesentliche übereinstimmende Elemente, bei den anderen 6 waren sie nach Ansicht des Gerichts vorhanden und begründeten damit eine Rechtsverletzung. Die Beklagte musste es daher unterlassen, die Fotos weiter zu nutzen, Auskunft zu den Nutzungen erteilen und wird auch einen noch zu beziffernden Schadensersatz leisten müssen.

Dem Urteil kann entnommen werden, dass es nicht so enfach ist, sich auf den Schutz von Konzepten und Ideen in der Kunst und auch bei den sonstigen Werken des Urheberrechts zu berufen. Deshalb ist es zum Beispiel auch so schwer, Ideen für Fernsehshows, sogenannte „Formate“, zu schützen. Das ist letzendlich auch richtig so. Denn wo kämen wir hin, wenn Ideen und Kreativität nicht mehr frei fliessen dürfen?

Eva N. Dzepina, LL.M. (UK)
Rechtsanwältin
www.borgelt.de
Mitglied des Instituts für Kunst und Recht, IFKUR e.V.

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Eva N. Dzepina Rechtsanwältin für Markenrecht, Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Internetrecht, Designrecht, Kunstrecht, IT-Recht, Domainrecht

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