Wenn sich Kunstwerke an oder auf Gebäuden befinden kann es beim Eigentümerwechsel hinsichtlich des Gebäudes zu Konflikten kommen.

Das OLG Frankfurt hatte 2016 über die Demontage eines auf einem Hausdach befindlichen Kunstwerks zu entscheiden (OLG Frankfurt, Urteil vom 12.07.2016, AZ: 11 U 133/15). Es ging dabei um die “Kornkreis-Plastik” des Bildhauers Georg-Friedrich Wolf, die von Henry Nold in Auftrag gegeben worden. Sie wurde auf ein damaliges Studentenwohnheim installiert, das danach Campino-Haus genannt wurde. Die Einweihung fand 2006 statt. Ein Investor kaufte 2012 das Haus und liess das Kunstwerk 2014 entfernen – obwohl es noch im Eigentum Noldes stand. Der chinesische Geschäftsführer hatte sich in Interviews geäußert, dass ihm die Skulptur nicht gefiel. Das Kunstwerk sollte aus dem unteren Geschoss, wo es lagerte, abgeholt werden. Dies wollten jedoch weder Künstler noch Eigentümer. Der Investor drohte mit Vernichtung, falls die Skulptur nicht abgeholt würde. Es kam zum Rechtsstreit.

Das erstinstanzliche Landgericht beschrieb die Skulptur als „eine sieben Meter breite Stahlgroßplastik mit einer Unterkonstruktion aus Edelstahl und Carbon und einer Ornamentik, für die Murano-Glasmosaiken, nämlich Smalti- und Blattgoldmosaiken der Firma Orsoni Mosaici, Venedig, Italien, aufgeklebt worden sind”. Das Kunstwerk sollte Die Skulptur Kornkreise darstellen, die von Esoterikanhängern mit Außerirdischen in Zusammenhang gebracht werden.

Bereits in erster Instanz unterlag der Investor. Nolde und der Künstler hatten gegen ihn geklagt, und zwar auf ein Verbot der Vernichtung und auch auf den Anspruch der Reinstallation des Kunstwerks auf dem Dach des Campino-Hauses. Das Oberlandesgericht, an das sich der beklagte Investor in zweiter Instanz mit der Berufung gewendet hatte, bestätigte das Urteil zugunsten der Kläger.

Die Leitsätze der oberlandesgerichtlichen Urteils bekräftigten, dass der „Eingriff in die geistige Substanz eines Werkes“ auch vorliegen kann, wenn das Kunstwerk in einen anderen Sachzusammenhang gestellt wird. Werde ein Kunstwerk in Zusammenhang mit dem Ausstellungsort konzipiert und erschaffen, so konkretisiere erst das Zusammenspiel von Werkstück und konkreter Umgebung die persönliche geistige Schöpfung. Damit führe jede Verbringung eines solchen Kunstwerks zu einer Veränderung des vom Urheber geschaffenen geistig-ästhetischen Gesamteindrucks. Außerdem habe der Beklagte im vorliegenden Fall zwar als Standorteigentümer (also als Eigentümer des Hauses) zwar Grundrechte aus Art. 14 GG, diese hätte er aber schlüssig und substantiiert vortragen müssen, damit sie in die Abwägung zwischen den Rechten des Künstlers und den Eigentumsrechten des Investors einfließen.

In der ersten Instanz hatte der beklagten Investor noch geltend gemacht, dass die Sanierung des Flachdaches und der Aufbau eines Wintergartens geplant seien, dabei aber nach Auffassung des Gerichts nicht ausreichend argumentiert, warum dies die Reinstallation der Plastik

In der Berufung argumentierte der Investor nun, das seine wirtschaftlichen Interessen einer Reinstallation entgegenstünden. Zwar solle ein Wintergarten nebst begehbarer Terrasse auf dem Dach des Hochhauses nicht mehr errichtet werden – dafür aber ein Firmenlogo. Das gut erkennbare Firmenlogo an diesem Standort solle für den beklagten Investor, ein aufstrebendes Unternehmen, wichtig sein und einen erheblichen Werbefaktor versprechen. Weiter sollten Mobilfunkmasten auf dem Dach installiert werden und Einnahmen generieren. Zuletzt zog der Investor die Soft-Argument–Karte und trug vor, der Geschäftsführer des beklagten Investors se überzeugter Protestant sei und könne es mit seinem Glauben nicht vereinbaren, wenn auf seinem Eigentum ein esoterisches Kunstwerk angebracht sei.

Außerdem, so der Investor in der Berufung, gebe es noch andere Hochhäuser, auf deren Dach die Skulptur ein Zuhause finden können und zwar mit ähnlicher Wirkung.

Die Kläger hielten dagegen: Die Skulptur sei absolut standortbezogen. Ein Firmenlogo des Beklagten sei genauso genehmigungspflichtig wie Mobilfunkantennen. Außerdem würde das Kunstwerk die Mobilfunkantennen nicht behindern. Der Vortrag zu den religiösen Überzeugungen des protestantischen Geschäftsführers des Investors sei jedenfalls neu und zu vage. Der Beklagte vermische „esoterische Glaubensinhalte mit reiner Symbolkunst“.

Das Oberlandesgericht gab den Klägern recht. Die Plastik erhalte „ihren ästhetischen Gesamteindruck in Abstimmung zu den konkret auf dem Dach des Hochhauses und dessen Erscheinungsbild vorgefundenen Umgebungsvoraussetzungen“, daher bedeute die Verbringung der Skulptur in das Untergeschoss eine Verfälschung ihrer Wesenszüge.

Ein für den Aufstellungsort konzipiertes Werk könne seine spezifische Aussagekraft nur in diesem speziell ausgewählten Umfeld entfalten, so dass dieses Umfeld Teil des Werkes wird, so das Gericht. Die Kornkreise-Skulptur sei schließlich gezielt für das nach Osten ausgerichtete Dach des Hochhauses “X” in Auftrag gegeben worden. In die Planung sei eingeflossen, dass „die gewählte Örtlichkeit dazu führte, dass die Morgensonne von der goldfarbigen Plastik auf eine der Hauptverkehrsachsen Frankfurts gespiegelt wurde“.

Der beklagte Investor habe keine überwiegenden Interessen gegenüber denen der Kläger dargelegt. Die Wintergartenidee sei gestorben, das Logo sei nicht genehmigt und können gegebenenfalls auch auf der Hochhausseite angebracht werden. Der Beklagte habe auch nicht dargelegt, warum keine Mobilfunkmasten neben der Plastik aufgestellt werden könnten.

Soweit die religiösen Gründe des Geschäftsführers des Investors dem Verbleib des “esoterischen” Kunstwerkes entgegenstünden, überzeuge dies das Gericht nicht. Der Geschäftsführer sei erst nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem erstinstanzlichen Landgericht zum christlichen Glauben übergetreten. Warum nun eine Unvereinbarkeit mit der christlichen Grundeinstellung vorliegen solle, die bereits bei Ankauf des Hauses vorgelegen habe, erschließe sich dem Gericht nicht. Das Argument erscheine wie eine Schutzbehauptung.

Letztlich unterlag der Investor und der Kornkreis musste wieder aufs Dach. Es bleibt offen warum nicht schon vertraglich, und zwar auch mit dem Künstler und dem Eigentümer des Kunstwerks, beim Erwerb des Hochhauses geregelt wurde, was mit dem Kunstwerk passiert. Die Kunstfreiheit kann Eigentumsrechte schlagen.

Da helfen auch Erleuchtungen und Glaubensbekenntnisse nicht, wenn sie nicht überzeugend und umfangreich begründet werden.

Eva Dzepina

Eva N. Dzepina, LL.M. (UK)
Rechtsanwältin
www.borgelt.de
Mitglied des Instituts für Kunst und Recht, IFKUR e.V.

Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift Kunst und Auktionen.

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Eva N. Dzepina Rechtsanwältin für Markenrecht, Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Internetrecht, Designrecht, Kunstrecht, IT-Recht, Domainrecht

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