Was macht man mit Kunstfälschungen, wenn Sie denn einmal entlarvt sind? Wirft man sie weg, macht man ein Loch hinein oder schreibt man in großen Lettern „FALSCH“ drauf?

Das Landgericht Berlin (28 O 498/14, Urt.v. 17.11. 2016) hatte in einem Fall über das Schicksal einer gefälschten Tuschpinselzeichnung „Strandszene mit Boot“ zu entscheiden, die vermeintlich von dem Maler Hermann Max Pechstein stammte.

Der Kläger hatte die Pechstein-Fälschung zusammen mit einem Pechstein-Original Ende der 80ger-Jahre von einem Kunsthändler als echt erworben. Im Jahr 2014 veranstaltete ein Auktionshaus einen Pechstein-Expertentag, an dem der Kläger seine Kunstwerke zur Auktion einlieferte. Das Auktionshaus informierte den Kläger dann etwas später darüber, die Zeichnung sei gefälscht. Dies habe eine Stellungnahme der Max Pechstein Urheberrechtsgemeinschaft ergeben. Das Original der Strandszene befinde sich in Privatbesitz und das Bild des Klägers sei falsch.

Der Kläger verlangte Herausgabe des Bildes, weil er die Stellungnahme zur Echtheit nicht akzeptierte – was das Auktionshaus zunächst ignorierte. Nach anwaltlicher Herausgabeforderung erhielt der Kläger nur das zweite Bild Pechsteins zurück, das die Max Pechstein Urheberrechtsgemeinschaft als authentisch ansah.

Kurze Zeit darauf wurde der Kläger von der Max Pechstein Urheberrechtsgemeinschaft aufgefordert, seine Zustimmung zur Vernichtung der Strandszene zu erklären, die mittlerweile beim LKA Berlin in der Asservatenkammer lag.

Kläger und Auktionshaus klagten gegeneinander. Schließlich ging es noch um Anwaltskosten des Klägers, die er vom Auktionshaus erstattet haben wollte, weil dieses das originale, zweite Werk Pechsteins, das der Kläger eingeliefert hatte, nicht direkt herausgegeben hatten. Dagegen wehrte sich das Auktionshaus, da es der Auffassung war, diesbezüglich habe der Versteigerungsvertrag ja noch bestanden. Als sogenannter Drittwiderkläger stieg nun auch die Max Pechstein Urheberrechtsgemeinschaft mit ins Boot und verlangte vom Kläger, in die Vernichtung der beim LKA befindlichen Strandszene einzuwilligen, hilfsweise, einzuwilligen, dass das Werk zu Schulungszwecken der Fälschungssammlung des LKA überlassen wird.

Das Gericht gab der Max Pechstein Urheberrechtsgemeinschaft mit ihrer Drittwiderklage auf Vernichtung Recht. Die Strandszene sei eine unrechtmäßige Kopie des Pechstein Originalwerks „Ausfahrendes Kanu I“ von 1914, an dem das Urheberrecht noch bestehe. Die Drittwiderkläger hätten die Unechtheit schlüssig vorgetragen. Der Kläger hingegen habe dies nicht erheblich bestritten (Anmerkung: Es war indes m.E. auch schwierig für den Kläger irgendetwas zu bestreiten, da er das Bild ja nicht hatte, um es untersuchen zulassen.). Das LKA habe bei der Untersuchung des Bildes festgestellt, dass das verwendete Titanweiß erst nach 1930 existierte und damit nicht in einem Bild von 1914 enthalten sein konnte. Auch eine nachträgliche Einarbeitung dieser Farbe sei nicht ersichtlich. Außerdem sei es in der Kunstgeschichte nicht bekannt, dass Pechstein auch noch nach 1930 Werke angefertigt habe, die Motive seines Südseeaufenthaltes abbildeten. Die Max Pechstein Urheberrechtsgemeinschaft habe sich in der Stellungnahme und auch in den Schriftsätzen im Verfahren ausführlich mit den Gründen zur Annahme einer Fälschung beschäftigt. Der Kläger habe sich hiermit nicht ausreichend auseinander gesetzt, was ihm trotz seiner Laieneigenschaft zuzumuten gewesen wäre.

Da die streitige Strandszene sei dem Hauptmotiv des Pechstein-Originals „Ausfahrendes Kanu I“ von 1914 nahezu identisch nachempfunden, stelle also eine unberechtigte Vervielfältigung dar. Außerdem sei eine „freie Bearbeitung“ schon deshalb nicht denkbar, da das Bild ja mit der Signatur und Datierung als Pechstein erscheinen sollte, und gerade nicht als Werk eines anderen Künstlers.

Schließlich sei auch eine Gutgläubigkeit des Klägers beim Erwerb nicht entscheidend. Denn der aus dem Folgenbeseitigungsanspruch hervorgehende Vernichtungsanspruch setze kein Verschulden voraus.

Auch eine andere Art der Kennzeichnung der Fälschung oder Entfernung der Signatur als Alternative zur Vernichtung sei keine taugliche, mildere Maßnahme im Vergleich zu der Vernichtung. Der Vernichtungsanspruch habe Präventionscharakter und sei der gesetzliche Regelfall. Nur, wenn die Vernichtung einer Fälschung unverhältnismäßig sei, könnten andere Maßnahmen vorgenommen werden. Eine Unverhältnismäßigkeit habe der Kläger weder dargelegt noch sei sie irgendwie erkennbar. Da sei auch nicht zu berücksichtigen wenn der Kläger erklärt, er werde die Fälschung im Privatbesitz behalten. Schließlich habe er das Bild schon einmal 25 in Privatbesitz gehabt und dann als Echt eingeliefert. Das könne erneut passieren und nicht – nach der Vorstellung des Gerichts – durch irgendeine Kennzeichnung oder Entfernung der Signatur verhindert werden. Der Nolde-Fall, bei dem nur die unechten Signaturen auf den unechten Bildern hatten entfernt werden müssen, habe anders gelegen: hier sei nicht ein Original kopiert worden, sondern nur etwas im Stil des Malers angefertigt worden. (Anmerkung: Es bleibt dennoch fraglich, ob es tatsächlich schwerer für den Markt ist, herauszufinden, ob es sich um vermeintlich „unentdeckte Originale“ handelt oder um die Kopie eines bereits bekannten Werks. Dies dürfte eher umgekehrt der Fall sein.)

Der Vernichtungsanspruch wurde also bejaht.

Was die Kostenerstattung wegen der damaligen Herausgabeaufforderung des Original-Pechsteins und der Fälschung betraf, bekam der Kläger nur teilweise Recht. Die Strandszene habe das Auktionshaus ja nicht mehr herausgeben können, da sie bereits vom LKA asserviert war. Das Original hätte aber herausgegeben werden müssen. Hier könne sich das Auktionshaus nicht auf den Versteigerungsvertrag berufen. Deshalb seien die hierfür angefallenen Anwaltskosten dem Kläger vom Auktionshaus zu erstatten.

Man merke sich: je nach Art der Fälschung kann der Folgenbeseitigungsanspruch mal milder und meistens aber härter ausfallen. Wenn man denn mal aus Versehen eine Fälschung kauft sollte man wenigstens darauf achten, dass es sich um ein noch unentdecktes Werk handelt. Dann hat man nach dem Rechtsstreit vielleicht wenigstens noch eine schöne Deko für das Gäste-WC.

Eva N. Dzepina, LL.M. (UK)
Rechtsanwältin
www.borgelt.de
Mitglied des Instituts für Kunst und Recht, IFKUR e.V.

Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift Kunst und Auktionen.

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Eva N. Dzepina Rechtsanwältin für Markenrecht, Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Internetrecht, Designrecht, Kunstrecht, IT-Recht, Domainrecht

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