Der BGH hat am 07.11.2012 unter dem AZ XII ZB 229/11 entschieden: Hat der Unterhaltsberechtigte seinen Unterhalt beziffert, nachdem er Auskunft ge. § 1613 IBGB begehrt hat, nso kann er nicht rückwirkend höheren Unterhalt verlangen, wenn der Verpflichtete nicht mit einer Erhöhung zu rechnen brauchte.

Mit dem im November letzten Jahres ergangenen Beschluss hat der BGH gleich zwei Dinge klargestellt: Erstens nämlich, dass die korrekte Bezifferung eines Unterhaltsanspruchs bisweilen alles andere als einfach sein kann, und zweitens, dass man dennoch gut beraten ist, von Anfang an korrekt zu rechnen, um nicht nachher auf einen Teil der Summe, die einem eigentlich zustünde, verzichten zu müssen.

In der Entscheidung hatte der BGH sich mit den Unterhaltsansprüchen einer Frau gegen ihren ehemaligen Mann zu befassen. Das Ehepaar hatte sich nach 18 Jahren scheiden lassen, die Ehefrau war zuvor beruflich kürzer getreten, um mehr Zeit in die Familie investieren zu können. Der BGH betonte zunächst, dass diejenigen Kosten, welche der Ehefrau im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits entstanden waren – bis dahin etwa 11.000 Euro – sich nicht mindernd auf die Höhe ihres Anspruchs auswirken. Zwar stünde die Ehefrau finanziell besser dar – und hätte dementsprechend nur einen geringeren Unterhaltsanspruch – wenn sie die 11.000 Euro verzinslich angelegt hätte, jedoch sei die Rechtsverfolgung im Scheidungsverfahren kein mutwilliges Verschwenden ihres eigenen Vermögens gewesen, so dass ihr diese Kosten nicht angelastet werden könnten.

Weiterhin stellte das Gericht klar, dass die Frage der Bedürftigkeit bereits im Rahmen des § 1577 BGB, und nicht erst bei § 1578b BGB zu prüfen sei. Daraus folgte im vorliegenden Fall der praktisch bedeutsame Unterschied, dass die Unterhaltsberechtigte darlegen und beweisen musste, dass ihr die Aufnahme einer (besser bezahlten) Arbeit derzeit nicht möglich sei; die Vorinstanz hatte die Beweislast für diese Frage noch beim Unterhaltsverpflichteten verortet.

Sodann prüfte und verneinte der BGH der Frage, inwiefern es nach einem Auskunftsverlangen über die Vermögensverhältnisse der Gegenseite und anschließend erfolgter Bezifferung des eigenen Unterhaltsanspruchs noch möglich sei, diesen Anspruch für die Vergangenheit zu erhöhen. Zwar liefere der Wortlaut des § 1613 Abs. 1 BGB hierauf keine eindeutige Antwort. Dennoch dürfe die Möglichkeit, Unterhalt für die Vergangenheit zu fordern, nur bis zu dem Zeitpunkt bestehen, ab dem Unterhalt tatsächlich in einer bestimmten Höhe verlangt werde. Ab dann nämlich könne sich der Verpflichtete darauf verlassen, jedenfalls nicht mehr als diese Summe zahlen zu müssen, und sei zur Bildung finanzieller Reserven nicht verpflichtet. Wer seinen eigenen Anspruch also fälschlicherweise zu niedrig ansetzt, der kann die Rechnung zwar mit Wirkung für die Zukunft korrigieren, grundsätzlich jedoch nicht für die Vergangenheit.

Simon Schmitz-Berg, Rechtsanwalt für Familienrecht

Simon Schmitz-Berg
Rechtsanwalt