Gerade bei Auftragskunst ist es wichtig, dass Künstler und Auftraggeber sich vertraglich so genau wie möglich absichern. In Verträgen über Kunstaufträge können die Vorstellungen weitestgehend konkretisiert und festgeschrieben werden. Ansonsten kann es häufig zu Problemen kommen und dann geht es nicht nur um Geschmack sondern auch um viel Geld.

Dass Künstler und Auftraggeber und/oder Sammler die Dinge nicht immer aus derselben Perspektive betrachten ist bei der unterschiedlichen Interessenlage nicht ganz ungewöhnlich. Da kann es im schlimmsten Fall schon mal vorkommen, dass der/die „Sammler/in“ ein Kunstbanause ist, dem das Werk völlig wurscht ist solange es sexy aussieht und farblich zu den neuen Minotti-Sofas passt, man damit bei den Freunden angeben kann und es sich schnell irgendwann mit Gewinn verkaufen lässt und, dass der/die Künstler/in eine Diva mit Allüren ist, der glaubt, sich aus rein künstlerischen Gründen nicht an Vereinbarungen halten zu müssen weil er ein vom Himmel gefallenes Universalgenie ist.
Meist jedoch liegen derartige Differenzen daran, dass man die Sache von Anfang an nicht richtig angepackt hat. Denn häufig lassen sich Auftraggeber von der künstlerisch-euphorischen Stimmung anstecken und fixieren Vereinbarungen nicht schriftlich und Künstler entwickeln Ideen und Kreativität hinsichtlich des besprochenen Auftrags weiter und sind vom Ausgangspunkt der Beauftragung irgendwann plötzlich meilenweit entfernt.

Die Lösung für das Problem ist ein einfacher Vertrag, der die wesentlichen Punkte regelt. Die Erfahrung hat gezeigt, dass zu den wesentlichen Punkten insbesondere ein Lieferdatum, die ungefähren Dimensionen/die Art des Werks, der Kaufpreis, Ausfallregelungen und Milestones gehören.

Insbesondere letzterer Punkt ist sehr wichtig, da bestimmte Zeitabschnitte, in denen festgelegte Ziele erreicht werden sollen, die Parteien dahingehend absichern, dass sie während der Vertragslaufzeit immer wieder prüfen können, ob das Vertragsziel zum vereinbarten Lieferdatum auch erreicht werden kann. Kommunikation ist dabei wohl das Schlüsselwort. Wenn der Künstler, der mit dem Verkauf der Kunst sein Geld verdient, darauf besteht, grundsätzlich immer in Ruhe gelassen zu werden, sollte er lieber keine Aufträge annehmen sondern sich darauf konzentrieren, seine Kunst zu produzieren, die dann als fertiges Werk über seinen Galeristen oder durch ihn selbst verkauft wird. Andernfalls sollte in regelmäßigen Abständen ein Austausch zwischen Auftraggeber und Künstler stattfinden, damit Erwartungshaltung und Performance immer wieder abgeglichen werden können.
Die oben genannten Grundregeln hat im Fall Bert Kreuk ./. Danh Vo keiner beachtet. Der nach Presseberichten mittlerweile in der Berufung befindliche Rechtsstreit vor den Gerichten in Rotterdam zwischen dem Sammler Kreuk und dem Künstler Vo ist ein perfektes Beispiel dafür wie weit Vorstellungen auseinander liegen können. Da hier sogar noch ein Museum mit eingebunden war, kann man verstehen, dass die Vorstellungen wild durcheinander gingen.
Kreuk wollte ein neues Werk Vo’s erwerben und dieses in seiner selbst kuratierten Schau im städtischen Gemeentemuseum in Den Haag zusammen mit anderen Werken seiner Sammlung ausstellen. Darüber sei ein Vertrag mit Vo und dessen Galeristin Isabella Bortolozzi geschlossen worden. Ein neues Werk erhielt Kreuk hingegen nicht. Vielmehr stellte das Museum dann ein altes Werk Vo’s aus. Vo war der Ansicht, dass er allein mit dem Museum darüber einen Leihvertrag geschlossen habe und kein Vertrag mit Kreuk bestehe. Kreuk ließ dieses Werk Vo’s dann kurzerhand per gerichtliche Verfügung zur Sicherheit ganz entspannt beschlagnahmen.
Kreuk verklagte den Künstler Vo und die Galeristin dann auf verschiedene Dinge, wie: 1. ihm das dem Museum geliehene Werk zu verkaufen und wenn das nicht möglich sei hilfsweise einen Schadensersatz in Höhe von 120.000 € zu zahlen; 2. ihm sämtlichen Schaden zu ersetzen, der durch den Ausfall des neuen Werks entstanden sei; 3. ihm das vereinbarte neue Werk gegen den vereinbarten Kaufpreis von 260.000 € zu liefern und wenn nicht, hilfsweise einen Schadensersatz von 778.000 € zu zahlen; 4. Eine Geldbuße bei Nichteinhalten der Verpflichtungen von bis zu 1 Million € zu zahlen. Vo erhob Widerklage auf Freigabe des beschlagnahmten Kunstwerks. Genaueres lässt sich dem hier abrufbaren Zwischenurteil in niederländischer Sprache entnehmen:
http://uitspraken.rechtspraak.nl/inziendocument?id=ECLI:NL:RBROT:2014:6962.
Das Gericht traf schließlich mit Urteil vom 24. Juni 2015 eine Entscheidung. Die Beschlagnahme musste zwar aufgehoben werden aber Vo und seine Galeristin wurden verurteilt, innerhalb eines Jahres ein Werk, wie es für die Ausstellung angedacht war, abzuliefern und sich mit Kreuk über den angemessenen Preis zu einigen. Sollte das Werk nicht rechtzeitig abgeliefert werden müssten die Beklagten zusammen Schadensersatz in Höhe von 350.000 € an Kreuk zahlen. Das Urteil ist hier abrufbar:
http://uitspraken.rechtspraak.nl/inziendocument?id=ECLI:NL:RBROT:2015:4417
Nach Presseberichten hatte Kreuk zwischenzeitlich seine anderen Werke von Vo veräußert. Der Entwurf einer Werkinstallation, die ein Zitat aus dem Film „Der Exorzist“: “SHOVE IT UP YOUR ASS, YOU FAGGOT.” enthalten sollte fand bei Kreuk – verständlicherweise – keinen Anklang. Von seiner Galeristin hatte sich Vo getrennt.
Dies alles fußte auf dem Umstand, dass es keinen schriftlichen Vertrag mit dem oben genannten Mindestinhalt gab. Lediglich Gespräche und E-Mail-Verkehr fanden statt, in denen aber nicht genaues festgelegt wurde, wohl, um dem Künstler Freiheiten zu lassen und weil davon ausgegangen wurde, dass der bekannte Zeitpunkt der Ausstellung im Museum in Den Haag eine ausreichende Deadline darstellte. Es hatte im Januar 2013 einen Besuch vor Ort und ein Treffen gegeben, an denen Vo, seine Galeristin, Museumsvertreter und Kreuk teilgenommen hatten.

Vo nannte es „flirten“, Kreuks Vertreter nannte es „meet and greet“. Danach wurden E-Mails über mögliche/gewünschte Werke für die Schau im Juni 2013 gewechselt. Nachdem Vo’s Vater im April 2013 plötzlich sehr krank wurde, wurde die Mitwirkung Vo’s mit einem neuen Werk in Frage gestellt. Statt einer neuen großen Installation übersandte Vo ein bestehendes Werk (das schließlich beschlagnahmt wurde) zur Ergänzung seiner 3 anderen vorhandenen Werke und erschien nicht im gebuchten Hotel.
Dass das Gericht die Vorgespräche und E-Mails als verbindliche vertragliche Regelung erkannte ist ein Weckruf für Künstler und Galeristen. Sammler, die durch ihre Finanzierung viele arbeitszeit- oder materialintensive Kunstwerke erst möglich machen, sollen sich bei ihren Dispositionen (wie etwa Ausstellungsplanungen) vor Ausfällen geschützt sehen. Letztlich kann es für Künstler und deren Galeristen auch nur positiv sein, die Vereinbarungen mit Sammlern oder Museen schriftlich zu fixieren. Einerseits kann damit eine Finanzierung/ ein Kaufpreis gesichert werden, andererseits wird auch dem Künstler ein zeitlicher Ablauf vorgegeben. Andererseits ist dann für jegliche Launen – egal ob die des Künstlers oder des Sammlers – ist nämlich kein Raum mehr. Bei den heutigen Marktpreisen ist das wohl auch besser so.

Eva N. Dzepina, LL.M. (UK)
Rechtsanwältin
www.borgelt.de
Mitglied des Instituts für Kunst und Recht, IFKUR e.V.

Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift Kunst und Auktionen.

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Eva N. Dzepina Rechtsanwältin für Markenrecht, Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Internetrecht, Designrecht, Kunstrecht, IT-Recht, Domainrecht

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